Hegel und die Demokratie[1]
Ein ganz heikles Thema.
Marxisten[2],
Nationalsozialisten[3], Sozialdemokraten[4],
Liberale[5]:
wenn sie Hegels Staat zu beurteilen haben sind sie sich einig, dass er mit
„Volk” und mit der Herrschaftsform des Volkes: der Demokratie, wenig gemein hat.
Defizite über Defizite. Egal, was man unter „Volk” und „Demokratie” versteht: bei
Hegel wird man nicht „fündig”[6]; es sei denn, man tut ihm und
seiner Philosophie Gewalt
an.
Demokratie? Für Hegel ist sie, wie auch
Aristokratie und Monarchie, eine Staatsform von „gestern”. Sie ist
unwiederholbar. „Deswegen ist es oberflächlich und töricht, sie als einen
Gegenstand der Wahl anzusehen.”[7]
Der Staat der Moderne ist „konstitutionelle
Monarchie”, nicht „Demokratie”.
Er unterscheidet die Menschheitsgeschichte in
jene Geschichte vor dem „Bruch” des „naturwüchsigen Gemeinwesens” und in die
Geschichte nach diesem Bruch.
In § 273 R erklärt er sich näher:
„Die alte Einteilung der Verfassungen in Monarchie, Aristokratie und Demokratie
hat die noch ungetrennte substantielle
Einheit zu ihrer Grundlage, welche zu ihrer inneren Unterscheidung (einer
entwickelten Organisation in sich) und damit zur Tiefe und konkreten Vernünftigkeit noch nicht gekommen ist. Für jenen
Standpunkt der alten Welt ist daher diese Einteilung die wahre und richtige,
denn der Unterschied als an jener noch substantiellen, nicht zur absoluten
Entfaltung in sich gediehenen Einheit ist wesentlich ein äußerlicher und erscheint zunächst als Unterschied der Anzahl … derjenigen, in welchen jene
substantielle Einheit immanent sein soll.”[8]
Die „ungetrennte substantielle Einheit”
verweist auf jene Epoche, wo beide Naturen noch (unter Führung der „primären”
und im Rahmen eines „naturwüchsigen Gemeinwesens”) ineinander lagen.
Dieser „alten Welt” stellt er die „neue
Welt” entgegen, in der diese substantielle Einheit nicht mehr gegeben ist und
erklärt: „Die Ausbildung des Staats zur konstitutionellen Monarchie ist das
Werk der neueren Welt, in welcher die substantielle Idee die unendliche Form
gewonnen hat.”
Eine ganz neue Situation. Das als Organismus,
als „Gestalt”, real existierende „naturwüchsige Gemeinwesen” hat zwei Naturen
Platz gemacht. Beide waren sie bisher unselbständige Bestandteile des
„naturwüchsigen Gemeinwesens”. Jetzt aber gewinnen sie ihre Selbständigkeit,
was aus Sicht der „produzierten” Natur zugleich bedeutet, dass nun ihr die
Herrschaft über die andere Natur zufällt. Scheinbar eine (bloße) Umkehrung der
bisherigen Verhältnisse, aus der man ableiten könnte, dass sich auch die
politischen Organisationsformen jener Epoche jetzt wiederholen – wenn auch
unter anderem Vorzeichen. Das sieht Hegel nicht so. Denn was früher
„Organismus” war – das „naturwüchsige Gemeinwesen” – hat sich jetzt zu einem
Verhältnis von Teilen und Ganzem umgestaltet. Wenn man so will, aus einer Natur
sind deren drei geworden: die „primäre”, die „produzierte” und eine, allerdings
„gestaltlos” gewordene, „Einheitsnatur”. Letztere existiert zunächst in
Ermangelung einer Gestalt nur als „Idee”. Eine „Idee”, die Hegel vorläufig und
mangels eines besseren Begriffs mit dem damals Furore machenden Begriff
„konstitutionelle Monarchie” umschreibt. Die „Idee” ist ein bloßer
Durchgangspunkt. Sie muss zur „Gestalt” werden – und zwar, da dass
„naturwüchsige Gemeinwesen” für alle Zeiten die Geschichte verlässt, zur
„Vernunftgestalt”, zur vernünftigen politischen Institution, deren oberstes
Ziel darin besteht, den divergierenden Interessen beider Teil-Naturen das
„Maßlose” zu nehmen, sie also zu vermitteln. Da das „Maßlose” sich besonders
mit der bürgerlichen Gesellschaft und deren ungeheuren Dynamik verbindet, ist
ihre Beschränkung auf ein „Maßvolles” ein Anliegen, dass Hegel von dieser Seite
her sehr verübelt wird.
Was Hegel zeigt: der „Bruch” des
„naturwüchsigen Gemeinwesens” ist in Wahrheit eine „Aufhebung”. Und daraus
ergibt sich, dass die alten Formen nicht einfach nur beseitigt werden, sondern
in der „Vernunftgestalt”, wie er meint: der konstitutionellen Monarchie,
herabgesetzt zu „Momenten”, wiederkehren.
„[D]er Monarch ist Einer; mit der Regierungsgewalt treten Einige und mit der gesetzgebenden Gewalt tritt die Vielheit überhaupt ein.
Trotz dieser Wiederkehr als „Momente” wäre es
aber „nicht passend”, weiterhin „vom demokratischen, aristokratischen Elemente in der Monarchie” zu sprechen, denn sie
„sind nicht mehr Demokratisches und Aristokratisches.”
Und „Volk”? Hegel war sich sehr bald sicher:
das Volk ist, zusammen mit dem „naturwüchsigen Gemeinwesen”, „aufgelöst”
aufgelöst „in die besonderen Sphären und Individuen”[9]
der bürgerlichen Gesellschaft. Es existiert nur noch als „unbestimmte[s]
Abstraktum” …, das in der bloß allgemeinen Vorstellung Volk heißt.”[10]
Es ist ersetzt durch „Stände”, wie es später heißen wird: durch „Klassen” oder
– im Rahmen der Pluralismus-Doktrin – durch „Gruppen”. Die Geschichte verläuft
vorwärts, nicht rückwärts. „Volk” lebt nur als nun inhaltlos gewordener
Allgemeinbegriff sowie in der konkreten
Bedeutung von „Nation” fort. Von Demokratie kann nur noch „historischerweise
die Rede sein.”[11]
Laut K. Rosenkranz hatte Hegel schon Ende des
18./Anfang des 19. Jahrhunderts, „die verführerische Unbestimmtheit der
Vorstellungen von Volk, von Freiheit und Gleichheit überhaupt gegen die bestimmteren
Begriffe von Staat, von ständischer Gliederung und allseitig vorsorgender
Regierung vertauscht.”[12]
Und weiter: Hegels Verachtung, ja Zorn galt
„einer gedankenlosen Begeisterung [für] Abstraktionen von Volk, Freiheit,
Brüderlichkeit, Einheit und ähnlichen Allgemeinheiten.”[13]
„Volk”, „Demokratie”? Illusionen, denen seine
Kritik gilt.[14]
All das ist nicht bloß so daher gesagt. Es sind
Erkenntnisse, die einem ganz anderen Geschichtsbild entstammen. Die Welt, die
die „Demokratie” möglich machte, ist unwiederbringlich dahin – die Welt der
„naturwüchsigen Gemeinwesen”. Und mit ihr „Volk” und „Demokratie”. Nur als
ideologisch aufgeladene Kampfbegriffe, als Zerrbilder des Ursprünglichen feiern
sie ihre Auferstehung. Nüchtern urteilt
E. Fraenkel: Dass sich heute fast jedes Regime auf „Volk” und „Demokratie”
beruft, sei Beleg dafür, „dass das Wort Demokratie als solches abgegriffen
ist”, dass es ein Wort geworden ist, aus dem „keine klaren Vorstellungen mehr
abzuleiten sind.”[15]
Die Gegenwart ist längst durch das Auseinandertreten von Staat und
Gesellschaft. Während sich die Demokratie der antiken Griechen also auf das
bezog, was heute „Staat” und
„Gesellschaft” ist, soll sich die moderne Demokratie nur auf den Bereich
„Staat” beziehen. Rein rechnerisch gesehen, ist das bereits eine Halbierung der
Demokratie. Inhaltlich gesehen ist von dieser Halbierung gerade der
sozial-ökonomische Gehalt am stärksten betroffen; dieser ist jetzt so gut wie
vollständig aus dem Begriff verbannt.
Wie fern uns der Staat Hegels steht, zeigt sich
in der Diskussion, die zur Begründung der Staatswesen „Weimar” und „BRD”
geführt wurde und wird. Es ist die nahezu einhellige Meinung, dass insbesondere
unsere Bundesrepublik ein Staatswesen höherer Art ist, weil dessen feste
Fundamente Demokratie und Freiheit seien. Hegels Staat, dem so gut wie alle,
die moderne Demokratie auszeichnenden, Merkmale fehlen oder doch nur anhaften,
könne von daher nur gut für den Übergang sein. Ein erster Schritt, der wegführt
von der absoluten Monarchie, aber noch weit ab ist vom Staat heutiger Prägung. Dem
würde Hegel mit Verweis darauf widersprechen, dass die „Freiheit”, auf die wir so
stolz sind, die Freiheit nur einer Natur ist und die Unfreiheit der anderen
bedeutet. Und unserer Demokratie würde er nachweisen, dass sie schon deswegen
ein Kunstprodukt ist, weil ein im „Gemeinwesen” wurzelndes Volk nicht mehr
existiert, sondern ersetzt worden ist durch die Mitglieder der bürgerlichen
Gesellschaft. In Kenntnis des heutigen Ausmaßes an Naturzerstörung würde er sie
in den Kreis der dafür Verantwortlichen einreihen. Die Geschichte wiederholt
sich nicht. Was wir heute haben, ist nicht die Demokratie der antiken Griechen,
sondern eine, mit der das „Ganze”, gewissermaßen „seitenverkehrt”, über die
„produzierte” Natur definiert wird – über den (naturzerstörenden) Verstand,
nicht über die Vernunft, wie Hegel hinzufügen würde. Sie wäre mit Kant[16]
richtiger als „Republikanismus” zu bezeichnen.
Demokratie, Aristokratie und Monarchie sind mit
einem Gemeinwesen verknüpft, in dem die „primäre” Natur tonangebend ist, das
also „naturwüchsiges” Gemeinwesen ist. Jetzt aber, nach dem „Bruch”, etabliert
sich ein Gemeinwesen, in dem die „produzierte” Natur die herrschende Natur
ist. Eine bloße „Umkehrung”, eine bloße
„Austauschung” was sich jetzt etabliert ist ein Staat, der nur die Interessen
der „produzierten” Natur vertritt. Dagegen wendet sich Hegel. Er lässt keine
Gelegenheit aus um zu sagen: das ist der falsche Weg. Hier geht es nicht etwa
um ausgleichende Gerechtigkeit. Nein, angesichts der Naturfeindlichkeit dieser
Gegen-Natur ist das der gerade Weg ins Verderben. Seine Position ist eindeutig:
„Es ist nichts so ungeschickt, als für Verfassungseinrichtungen unserer Zeit
Beispiele von Griechen und Römern oder Orientalen aufnehmen zu wollen.”[17]
Auf der Tagesordnung steht ein Staat, der die Interessen beider Naturen aufnimmt, vermittelt und exekutiert, der also nicht
bloß die Neuauflage (zum Beispiel) der antiken Demokratie sein kann und sich
von ihr nur darin unterscheidet, dass statt des „Naturprinzips” nun das
„Produktionsprinzip” herrschend wird.
„Volk” ist mit „Blut” und „Boden” verbunden;
sie stiften das Volk. Das Blut durchströmt einen Organismus. Jetzt aber stiftet
die Ware-Geld-Beziehung den Zusammenhang ansonsten unverbundener Individuen.
Die Glieder des damaligen Volkes waren unselbständige Bestandteile eines
Natur-Ganzen. Betrachtet aus heutiger Sicht waren sie unfrei, da an das
damalige organismische „Ganze” gekettet. Die Menschen der modernen bürgerlichen
Gesellschaft sind eine Summe verselbständigter Atome. Ihr Zusammenhang wird
durch das Geld, nicht mehr durch „Blut und Boden” gestiftet. Hört man
angesichts dessen heute noch „in Beziehung auf Verfassung vom Volke, dieser [jetzt!] unorganischen
Gesamtheit, sprechen …, so kann man schon im Voraus wissen, dass man nur
Allgemeinheiten und schiefe Deklamationen zu erwarten hat.”[18]
Zum „Volk” zählten in der Antike nur die
„Freien”. Bei einer Einwohnerzahl von 455.000 traf der Status „frei” im antiken
Athen auf lediglich 90.000 Bewohner zu. Um die Zahl der Frauen und Kinder
bereinigt, ergab das etwa 30.000 stimmberechtigte Bürger. „Volk” wurde also
damals schon, wenn man es aus heutiger Sicht betrachtet, selektiv verstanden.
Hegel dazu: „Mit dieser griechischen
Sittlichkeit, der Demokratie, sehen wir
… einen zweiten Umstand, die Sklaverei, verbunden und zwar notwendig.”[19]
Der Bruch des „naturwüchsigen Gemeinwesens”
erfasst auch deren Grund-Größen „Mensch”,
„Familie”, „Volk”. Der Mensch wird zu „Person” und „Leiblichkeit”, die
Familie zu „bürgerliche Kleinfamilie” und „Unternehmung”. Und auch das Volk ist
durch eben diese Entwicklung „aufgelöst”, es existiert nur noch als Summe der
Atome, die die bürgerliche Gesellschaft bilden. Es ist aufgespalten in
Fraktionen, von denen jetzt – je nach Bedarf – die eine oder andere zum „Volk”
erklärt wird oder, wohl richtiger, sich selbst zum Volk erklärt. Beispiel
Frankreich 1789: Dort geschah, dass sich das tonangebende Bürgertum, „als Volk
aufwarf”[20]. „Volk” also nur,
„insofern mit diesem Wort ein besonderer Teil der Mitglieder eines Staats
bezeichnet ist”[21]. Aber da die bürgerliche
Gesellschaft den Anspruch vor sich herträgt, das „Ganze” zu sein, bleibt es
dabei, dieses „Ganze” als „Volk” zu bezeichnen und diesen Anspruch mit „Volk” unter
Beweis zu stellen.
Später sind es auch Marx, Lenin, Mao Tse-tung,
Ulbricht, deren Volksbegriff ganz selbstverständlich um das Proletariat, im
Fall Chinas: um die landlosen und landarmen Bauern, zentriert ist. Für sie ist
das Proletariat, sind die Bauern das „wirkliche”[22]
Volk.
An Anfang steht das Wort; das Wort „Volk”. Ein
unklares, ein zweideutiges Wort. Ein Wort, das sich, wie auch das Wort
„Demokratie, durch „notorische Unschärfe”[23]
auszeichnet. Ein Schlagwort. Nichts ist bisher erfolgloser geblieben, als von
ihm eine wissenschaftlich haltbare Definition zu erarbeiten.[24]
Zwar gibt es Versuche, aber in Deutschland erst, nachdem ein ganzes
Staatswesen, die Weimarer Republik, auf das unklare Wort errichtet ist. Und wer
es versucht, beißt sich sehr bald die Zähne daran aus. Am klügsten sind jene,
die sich nicht erst daran beteiligen. Nach vielen Versuchen herrscht
Ratlosigkeit. H. Kelsen dazu: „Demokratie bedeutet Identität von Führer und
Geführten, von Subjekt und Objekt der Herrschaft, bedeutet Herrschaft des
Volkes. Allein, was ist dieses ‚Volk‘?”[25]
Und doch: Keine Verfassung, kein Politiker, von
„links” bis „rechts”, der darauf verzichtet.
Ein Ausweg scheint zu sein, das Volk „negativ”
zu bestimmen, d.h. zu sagen, wer/was nicht
„Volk” ist. So formuliert C. Schmitt seinen negativen Volksbegriff, indem er
sagt, dass „Volk” nicht die Summe der
staatlichen Institutionen ist.[26]
Revolutionäre wie Marx oder Lenin zählen jene Teile der Bevölkerung nicht zum Volk, die nicht in das revolutionäre
Programm hineinpassen oder sich ihm verweigern.
Eine Variante ist die, von dem aus, was „da”
ist, auf ein vorhandenes Volk zu schließen. „Da” sind auf jeden Fall die
Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft. Bilden diese in der Summe nicht das
Volk? In den USA würde man diese Frage erst gar nicht stellen, und wenn, würde
sie bejaht werden. In einem Land, das einen Hegel hervorgebracht hat, muss
hingegen schon ein tüchtiger Ignorant des „Philosophischen” sein, wer nicht
wenigstens die Frage erkennt. Für
Hegel ist es so, dass die Summe der Einzelnen, die die „Gesellschaft” bilden,
dieser „bloßer atomistischer Haufen von Individuen”[27],
nicht „Volk” ist, sondern eine „formlose Masse”[28],
die nur „vermeintes” Volk sein kann. Abgesehen von den „Redensarten über Volk”,
kann man jetzt, in unserer Zeit, nur noch von „Volk” sprechen, wenn damit „ein
besonderer Teil der Mitglieder eines Staats bezeichnet ist”[29].
H. Liermanns[30],
der in der Weimarer Zeit aufbricht, das im Text der WRV so reichlich
vorkommende „Volk” dingfest zu machen, unterscheidet 1927 in
„Gemeinschaftsvolk” und „Gesellschaftsvolk”. Ersteres verbindet sich mit
„Volksstaat” und meint das Volk, dessen Repräsentant der direkt gewählte
Reichspräsident ist. Das andere, das „Gesellschaftsvolk” verbindet sich mit
„Bürgerstaat” und meint die Summe der Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft,
die lt. Hegel „bloßer atomistischer Haufen” ist, der als solcher „nicht weiß, was er will.”[31]
Aber dieser „Haufen” besteht aus Gruppen, die sozial sehr unterschiedlich
zusammengesetzt sind und deshalb sehr unterschiedliche, ja entgegengesetzte
Interessen verfolgen. Diese Gruppen bilden „Teil-Völker”, die ihre Interessen
über Verbände über politische Parteien artikulieren und durchzusetzen suchen.
Ganz unterschiedliche Völker. Beide fanden Aufnahme in der WRV – was dieser
nicht guttat, weil das „Gemeinschaftvolk” eine „Volkheit” ist, die in „der
Persönlichkeit des Führers … in Erscheinung” tritt.[32]
Auch dem „Volk” des GG ist es nicht besser
ergangen; auch dieses ist bis heute undefiniert geblieben. Was ist heute „unter
Volk eigentlich zu verstehen”, fragt E. Fraenkel.[33]
„Wer ist das Volk?”, fragt F. Müller.[34]
Wenn die Väter des GG, gewarnt durch die zwei praktizierten Varianten von
„Volk” in historisch kurzer Zeit, auch sehr viel vorsichtiger und sparsamer mit
„Volk” hantieren: Auch sie erlagen dem üblichen Verfahren, einen aussagelosen
Allgemeinbegriff dem Demokratie-Teil des GG voranzustellen. Und insofern
erlagen sie auch der „erstaunliche[n] terminologische[n] Selbstverständlichkeit
des amerikanischen Sprachgebrauchs”[35].
Aber es ist wohl so, dass die „Väter” des GG
das im GG aufgenommene „Volk” als „Gesellschaftsvolk” verstanden haben
wollen. Da dieses aber in Wahrheit eine Summe von „Teil-Völkern” ist, ist es,
wie E. Fraenkel formuliert, ein
heterogenes „Gruppen-Volk”. Mit diesem Begriff, so sagt er, sei „die differenzierte Gesellschaft als Prämisse
akzeptiert und das Streben nach absoluter Homogenität ablehnt.” Das
„Gruppenvolk” wiederum verbindet sich mit der „pluralistischen” Demokratie. Wie
er selbst einräumt: Aus beiden, aus „Gruppenvolk” und „pluralistischer
Demokratie”, erwächst eine „schwerst zu begreifende” und „schwerst zu
handhabende” Staatsform.[36]
Man denke nur daran, welches Lob auf das
sächsische Volk als dem Wegbereiter der friedlichen Revolution von 1989
niederprasselte und welchem schweren Tadel es im Rahmen der Flüchtlingskrise
des Jahres 2015 ausgesetzt war, um zu zeigen, wie schwierig für die Politiker
bis heute der Umgang mit dem „Volk” ist. Am einfachsten war es noch für die
Ideologen des „Dritten Reiches”, die aus „Volk” eine vom „Führer” verkörperte
„Volkheit”[37] machten. Zu einem
ideologisch und praktisch ähnlichen Ergebnis gelangte der reale Sozialismus in
der DDR, der ja auch in der Führung durch den Genossen Ulbricht, später
Honecker, die sozialistische Demokratie verkörpert sah.
Ein harter Brocken – dieses „Volk”! Eine
„beängstigende Last” auch für die Väter des GG, die es deswegen auch für
vorrangig hielten, die „Freiheit” vor ihr zu schützen. Tatsache ist jedenfalls,
dass, wie W. Weber schreibt, „[w]ohl selten … eine europäisch-abendländische
Verfassung unter so wenig Publizität zustande gekommen ist”[38]
wie unser GG. Die Nachrangigkeit, die das Volk im Text erfährt, ist Beleg
dafür.
„Volk” fungiert in der Moderne als
Ersatzbegriff für das „Ganze”. Zwar ist er als solcher schon für die Frühzeit
des „naturwüchsigen Gemeinwesens” unangemessen. Aber er ist damals weniger
falsch als jetzt, wo offenbar geworden ist, dass das Volk nur ein Schein-Ganzes
begründet. „Als ob das Volk das Ganze wäre”! Nur ein „Kunstgriff des bösen
Willens” macht es dazu.[39]
Das „absolute Band des Volks, das Sittliche”, ist zerrissen. Das Blut ist durch
das Geld, der Mensch ist durch die Person, das „naturwüchsige” Gemeinwesen ist
durch die bürgerliche Gesellschaft ersetzt. Ein Vorgang, der irreversibel ist.
Das Volk ist nicht beliebig wiederherstellbar. Was früher eine reale Größe war,
ist zum bloßen Wort geworden. Als inhaltlos gewordenes Wort bleibt es eine gern
benutzte Allzweckwaffe für den ideologischen Gebrauch. Keine Revolution, wo es
nicht vorangetragen wird. „Denn jede Faktion des Volkes kann sich als Volk
aufwerfen”[40]. Beispiele gibt es genug.
Erst das Bürgertum, später das Proletariat. Mit „Volk” kann deshalb in der
Moderne kein Staat mehr begründet werden – es sei denn der „Klassenstaat”. Und
ein „Klassenstaat” war ja auch schon die antike Demokratie, wenn man nicht
vergisst, dass die damalige Demokratie sich nur auf die „Freien” bezog. Diese
Unterschiede gilt es zu bedenken, wenn in der Moderne von Demokratie gesprochen
wird. Was jetzt ans Licht drängt, was mit dem „Bruch” herrschend wird, ist das
Freiheitsprinzip. Die aus dem „Geist” hervorgegangene, die „produzierte” Natur
hat sich frei gemacht. Und da sie atomisiert existiert, profitieren alle ihre
Mitglieder von dieser Freiheit. Aber da nun „Freiheit” millionenfach auf andere
„Freiheit” stößt, muss sie verwaltet, muss sie für jedes einzelne Atom
garantiert und deswegen für alle nach gleichen Gesichtspunkten eingeschränkt
werden. Auch dazu ist ein Staat nötig. Aber dieser ist ein anderer als der der
„alten Welt”. Hegel nennt ihn den „Not-und-Verstandesstaat”.
In Mode kommt „Demokratie” erst wieder mit der
französischen Revolution. Damals wechselt der Begriff von der Gelehrtensprache
ins Politische und wird dort zum Schlagwort.[41]
Aber er rangiert eindeutig hinter dem Schlagwort „Freiheit”, das auf die jetzt
emanzipierte bürgerliche Gesellschaft und ihre Mitglieder abzielt. Und zwischen
ihnen der Scharnierbegriff „Gleichheit”, das dritte Schlagwort der Revolution.
Die Gleichheit trägt entscheidend zum furiosen Aufstieg der „Demokratie” bei.
Aber Gleichheit der „Freiheit” ist, wie wir wissen, die formale Gleichheit, die
uns das Recht und der Rechtsstaat bieten. Und als solche ist sie wiederum
Garant dafür, dass wir die soziale Ungleichheit ausleben dürfen oder müssen,
die sich mit einer kapitalistischen Eigentums- und Wirtschaftsordnung
naturgemäß verbindet. Die Gleichheit der „Demokratie” verstand sich hingegen
als Gleichheit des Blutes, aber auch (und nicht zuletzt) als eine
sozial-ökonomische „Gleichheit”.[42]
Sie war eine ungeteilte Gleichheit, aber nur, soweit die Blutsbande reichen.
Wie kein zweiter entwickelt C. Schmitt ein
Gespür dafür, dass „Demokratie” in der Moderne ein hochgradig ideologisch und
emotional besetzter (Kampf-)Begriff ist, in dem ganz verschiedenartige, ja gegensätzliche „Gleichheiten” zu einem
Brei verrührt sind. Er sieht es wie Hegel: Was entsteht ist eine „typische und eigenartige Mischung”, ein
„System der Verwertung und Mischung verschiedener Regierungs- und
Gesetzgebungsformen im Dienste eines labilen Gleichgewichts.”[43]
Eine Gleichheits-Mixtur entsteht, die als „freiheitlich-demokratisch”
ausgegeben wird. Eine Mixtur, die scheinbar die Quadratur des Kreises meistert.
Aber Tatsache ist, dass diese Mixtur, wenn man es rein rechnerisch betrachtet,
die Demokratie halbiert, dass sie
dadurch auf das „demokratische Element” der Verfassung reduziert wird. Aber
durch die Halbierung verliert die Demokratie ihren Gehalt. Nach hegelschen
Kriterien ist sie durch den Verlust ihrer
sozial-ökonomischen Dimension entwertet, wenn nicht ganz wertlos gemacht.
Denn er sagt ja, dass das implantierte demokratische Element nicht dazu
berechtigt, ein auf wirtschaftliche Ungleichheit beruhenden Staatswesen eine
Demokratie zu nennen.[44]
Gegensätzliche „Gleichheiten”. Die eine ist
Garant der sozialen Ungleichheit, die andere verlangt ein Mindestmaß an sozialer
Homogenität.
Die Gleichheit der „Freiheit” besagt, dass
jedermann nun „frei” geworden ist, frei von der „primären” Natur, vom
„naturwüchsigen” Zusammenhang. Darin sind sich alle gleich. Ungleich sind diese
„Alle” aber darin, wie und in welchem Umfang sie es verstehen, sich die zum
Gegenüber gewordene Natur anzueignen. Der soziale Status ist aus dieser
Gleichheit also ausgeblendet. Und wie die Verfassungen fast der ganzen Welt
zeigen: es wird, zum Beispiel über die Grundrechte, darauf geachtet, dass es dabei
auch bleibt. Die Gleichheit der „Demokratie” bezieht sich aber gerade auch auf
den sozialen Status. Die eine
Gleichheit, die der „Freiheit” (und des Rechts) sorgt dafür, dass die Schere
zwischen arm und reich tüchtig auseinandergeht. Die andere Gleichheit ist
Voraussetzung der Demokratie. Zwei „Gleichheiten”, die im absoluten Gegensatz
zueinander stehen. Die eine Gleichheit ist der Tod der anderen. Ein echtes
Dilemma für jene, die beides wollen, Demokratie und Freiheit. Unser Verständnis
von Gleichheit ist also janusköpfig. Ist der Blick auf das Politische
gerichtet, führt es zur „Demokratie”, ist der Blick auf das Ökonomische
gerichtet, führt es zur „Freiheit”. Man sollte meinen, dass diese Unterschiede
eine Verwechslung oder Gleichschaltung beider „Gleichheiten” ausschließen und
zugleich den Begriff Demokratie vor missbräuchlicher Nutzung schützen. Wenn das
bis heute nicht der Fall ist, hat damit zu tun, dass das Wort „Demokratie” aus dem Instrumentarium
ideologischer Massenbeeinflussung nicht mehr wegzudenken ist. Denn schließlich:
Die zu Grunde liegende Gleichheits-Konfusion ist bestens geeignet, die
bürgerliche Gesellschaft, über alle ihre Fehler und Gebrechen hinweg, zu
legitimieren.
Zum Schlüsselbegriff der neuen, der
bürgerlichen, Welt wird „Demokratie” trotz erster Wiederbelebung im Frankreich
der Jahre 1789 ff. nicht in Europa, sondern in den USA der 1830-er Jahre. Und
das hat seinen Grund in den dortigen spezifischen sozialökonomischen
Verhältnissen, die eine Verwechslung beider „Gleichheiten” zwar keineswegs
nahelegen, aber doch entschuldigen. Alexis de Tocqueville stößt auf sie, als er
1831/32 Amerika bereist.
Was er vorfindet ist ein Staatswesen im
Aufbruch. Aus ganz Europa strömen Einwanderer herbei und besiedeln und
erschließen die unendlichen Weiten des Halbkontinents. Sie kommen mit wenig
mehr an als dem Willen, sich hier eine neue Heimat zu schaffen. Diese
ökonomische Ausgangslage prägt die Situation und lässt die bereits verfestigte
sozialökonomische Ungleichheit in den Neuenglandstaaten in den Hintergrund
treten. Und im politischen Bereich stößt er auf eine privileglose Gesellschaft.
Aus Beidem, aus der ökonomischen und politischen Gleichheit, zieht er seine
Schlüsse. Der wichtigste Schluss: Wegen der festgestellten „Gleichheit der Lagen”
ist die „Gesellschaftsordnung Anglo-Amerikas in ihrem Wesen demokratisch”.[45]
Zwar hat sich in den Neuenglandstaaten in den zurückliegenden Jahrzehnten
beträchtlicher Reichtum angehäuft. Aber auch dort führt eine Abkehr vom
englischen Erbrecht, das einer Konzentration des Eigentums und (damit) der
Macht Weniger Vorschub leistete, dazu, dass Änderung eintritt, indem das große
Eigentum zerschlagen wird. Und er wiederholt: Gleichheit ist in den USA „in
stärkerem Maße verwirklicht als in irgendeinem Land der Erde.”[46]
Was dort zu finden ist, ist „Demokratie auf höchster Stufe”[47],
ist, wie man später sagen wird, „Massendemokratie”.
Die „Gleichheit der Lagen” verleitet Tocqueville
zu dem Trugschluss, „dass die amerikanische Gesellschaft in eine einzige
Mittelklasse zusammengeschmolzen sei.”[48]
Er unterstellt, dass es dabei bleibt. Das
ist das eine. Zum anderen lässt er sich anstecken von dem ungezwungenen Umgang
der Amerikaner mit der vorhandenen Begriffswelt. Beides verführt ihn zu der
Annahme, dass die Demokratie als Staatsform in den USA Anfang des 19.
Jahrhunderts wiedergeboren wird. Eine Fehldeutung.
Er lässt außer acht, dass in den Südstaaten der
USA Sklaverei praktiziert wird – ein ganz eklatanter Verstoß gegen das
Freiheitsprinzip der bürgerlichen Gesellschaft. Die Sklaven zählen wohl nicht
für ihn, so wie sie auch in den schwülstigen Erklärungen eines Jefferson –
selbst Sklavenhalter – zu den „Menschenrechten” keine Rolle spielen. Aber
vielleicht denkt er an das antike Griechenland, wo sich ja auch die Demokratie
mit der Sklaverei verband – und zwar „notwendig”, wie Hegel sagt.
Sein Buch „Demokratie in Amerika”, erschienen
1836, wirkt in Europa wie ein Startschuss. Was folgt, ist die rasante
Verbreitung des Begriffs „Demokratie” bei gleichzeitiger Bedeutungsausweitung
und Ideologisierung. Bald ist er in Europa „heimisch” gemacht. Seit der
Revolution von 1848 ist die „Demokratie … zum unausweichlichen, göttlich
vorherbestimmten Schicksal der europäischen Nationen geworden.”[49]
Bald schickt sie sich an,
„universalistisches Prinzip” zu werden.[50]
Trotzdem, so einfach wie in Amerika hat es der
Begriff in Europa, besonders in Kontinental-Europa, nicht.
Einmal steht hier die philosophische Vorbildung
im Wege, die der begrifflichen Unbefangenheit der Amerikaner mit Skepsis
begegnet. Gewichtiger aber ist, dass die politische Vergangenheit und die
andersartigen sozialökonomischen Verhältnisse der Gegenwart Bremswirkung
entfalten. Besonders gravierend: ganz offensichtlich fehlt die „Gleichheit der
Lagen”. Das führt dazu, dass der Begriff hier auf deutliche Vorbehalte stößt.
In Deutschland ist es (z.B.) W. Hasbach, der den Begriff hinterfragt. Seine
Kritik setzt bei der „Gleichheit” an. Diese gelte es auseinanderzuhalten. Denn
„Liberalismus und Demokratismus bezeichnen … zwei entgegengesetzte Prinzipien.”[51]
Die Gleichheit der Demokratie sei eine andere, als die der Freiheit. „Ja, sie
sind einander geradezu feindlich.”[52]
Das jetzt geforderte gleiche und allgemeine Wahlrecht trage „einen
unverwechselbar demokratischen Stempel; es ist mit dem Liberalismus
unverträglich. … Ein allgemeines Wahlrecht widerstrebt ihm nicht,
vorausgesetzt, dass es ungleich ist.”[53]
Das „Freiheitsprinzip” fordere ein Wahlrecht nach Steuerklassen. Das
demokratische Wählen stelle daher eine „schwere Verletzung” des liberalen
Grundsatzes dar, dass diejenigen, die Steuern zahlen auch über deren Verwendung
beschließen. Deshalb: „Der Liberalismus muss ein nach der Steuerleistung
abgestuftes Wahlrecht verlangen.”[54]
Hasbach steht nicht allein. Der Begriff
„Demokratie” muss besonders in Deutschland gegen die Erkenntnis ankämpfen,
„dass antike und moderne Demokratie, überlieferter Begriff und gegenwärtige
Wirklichkeit der demokratischen Regierungsform, voneinander durch eine tiefe
Kluft getrennt waren.”[55]
Aber im 20. Jahrhundert, nicht zuletzt als Folge 2-er verlorener Kriege,
verbunden mit dem Aufstieg der Siegermacht USA zur Weltmacht, setzt sich der
unscharfe Sprachgebrauch auch in Deutschland, überhaupt in Europa durch.
Jedenfalls wird es im Nachkriegsdeutschland der Jahre 1918 ff. und 1945 ff.
Mode, sich dem Demokratiebegriff der Amerikaner zu unterwerfen. Seither ist die
Demokratie „zu einem ganz allgemeinen Idealbegriff geworden, dessen
Vieldeutigkeit außerdem noch verschiedenartigen Idealen und schließlich Allem,
was ideal, schön und sympathisch ist, Platz gewährt.”[56]
Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht
wird! Auch diese „Demokratie” nicht. Den Einwänden ihr gegenüber wird mit einem
Ausweg begegnet, der die meisten Kritiker zufriedenstellt: mit einer Demokratie
ohne „radikaldemokratische Einbauten”[57],
mit der „Erfindung der repräsentativen Demokratie”.[58]
Repräsentative
Demokratie
Fast alle, die sich zur Demokratie äußern, sind
sich darin einig: Eine direkte
Demokratie, eine Demokratie also, die jedermann an der Ausübung staatlicher
Macht unmittelbar beteiligt, ist in der Moderne nicht praktizierbar –
jedenfalls nicht in Staaten, die in Größe und Einwohnerzahl die Schweizer
Kantone übersteigen. Doch das Hauptargument gegen sie ist dies: die direkte
Demokratie ist „freiheitsgefährdend”[59].
Deswegen kann sie nicht die Staatsform der Moderne sein.
Wie aber kann „Demokratie” möglich gemacht
werden, ohne die „Freiheit” zu gefährden?
Antwort: „Indirekt”, mittels der
„Repräsentation”.
Mit der „repräsentativen Demokratie” sei, so
die „Erfinder”, die Demokratie anwendbar gemacht nun auch für große Staaten.
Mit ihr liege ein
„realisierbares Konzept demokratischer Herrschaftsorganisation” vor.[60]
Mit ihr sei der „Begriff der Volkssouveränität durch denjenigen der
Volksrepräsentation” ersetzt.[61]
Kern der „Erfindung” ist, dass sie die
Demokratie anwendbar auf ungleiche Lagen macht. Mit ihr ist das
erste und oberste Ziel, die „Freiheitssicherung”[62],
die Verteidigung der „Freiheit” gegen die Demokratie, zu erreichen. Aber der
größte Vorteil, den sie bietet: Man muss nicht mehr bekümmert fragen, wer/was
denn nun das Volk ist. Man geht gleich zur Tagesordnung über, zum Parlament, zu
den darin vertretenen Parteien, zu den Abgeordneten, zu all dem „Indirekten”.
Da es nicht gelingt (und es auch nicht gelingen kann!), das Abstraktum „Volk”
zu einem „Konkretum” zu machen, begnügt man sich mit einer rituellen Verbeugung
vor dem Abstraktum und wendet sich sodann dieser „fassbaren” Ebene zu, von der
behauptet wird, diese repräsentiere das Volk. Hellsichtig formuliert C.
Schmitt: „Hier” – in der Repräsentation – „findet die Demokratie ihre erste
natürliche Grenze.”[63]
Es geht also nicht ohne Sicherungen. Die
wirklich Mächtigen, die Profiteure des Freiheitsprinzips, die wirklichen
Entscheidungsträger, also diejenigen, die sich längst zum Volk „aufgeworfen”
haben, müssen vor dem Rest-Volk (z.B. vor dessen Sozialneid) abgesichert
werden. Das geschieht in den westlichen Demokratien wirksam über die
Grundrechte, besonders über den Schutz des Privateigentums. In den östlichen
„Demokratien”, die als „Betriebsstaaten” organisiert waren, kam es vor allem
darauf an, das Staatseigentum und die damit verbundene führende Rolle der Partei
vor den unsicheren Teilen des Volkes zu schützen. Insoweit ist jede Demokratie,
die der Griechen wie die vergangene und noch bestehende des 20. und 21.
Jahrhunderts, gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtet.
Was sagt Hegel zur „Repräsentation”? Er lehnt
auch diese „Modifikation” der direkten Demokratie ab und wendet sich gegen das
„feste Vorurteil”, dass eine Repräsentativverfassung die Demokratie auf die
Moderne anwendbar macht. „Man trennt dabei Volk und Regierung. Es liegt aber
eine Bosheit in diesem Gegensatze, der ein Kunstgriff des bösen Willens ist,
als ob das Volk das Ganze wäre.”[64]
Weil aus den Gesetzen der „Freiheit” folgt,
dass immer nur ein Stand, eine Klasse das Sagen hat, ist für ihn die
Repräsentation ein Kunstgriff, der es möglich macht, dass ein Stand, eine
Klasse bei gleichzeitiger Berufung auf das Volk die politische Herrschaft an
sich zieht. Es wäre bei dieser tatsächlichen Sachlage ehrlicher nicht von
„Demokratie”, sondern von „Republik” zu sprechen. Abgesehen davon, dass unter Republik „mannigfache empirische
Vermischungen”[65] firmieren, ist der
Begriff an ein bereits „aufgelöstes” bzw. „segmentiertes” Volk orientiert und
meint in den Stadtrepubliken ganz selbstverständlich die Herrschaft des
Patriziats unter Ausschluss der Plebejer. Die Republik verbindet sich in den
bis dahin bekannten Fällen mit einem römischen Verständnis von „Volk”, auf ein
„Volk”, das von seinem reicheren Teil repräsentiert
wird. Die Demokratie der Griechen aber verstand sich, wie schon ausgeführt, von
der sozialen Gleichheit her. Bedeutsam ist, dass das Prinzip der Repräsentation
also nicht erst „erfunden” werden musste, sondern schon da war, als die
Demokratie wieder in Mode kam; es verband sich bereits mit dem Republikanismus.
Es ist also genau umgekehrt: nicht die Repräsentation kommt hinzu, sondern die
Demokratie. Zu Recht spricht Fraenkel daher vom „Einbruch der Demokratie in das
repräsentative System [des] 19. Jahrhunderts”[66].
Dieser „Einbruch” macht aus der Republik eine Demokratie.
Beispiel USA:
Diese kamen als ein von Republiken gegründetes Staatswesen zur Welt, die nur ein an die
Steuerzahlung geknüpftes Stimmrecht kannten. „Waren jene Republiken
Demokratien? Nein.”[67] Erst ab etwa 1820 dringt das allgemeine und gleiche Stimmrecht vor; jede Stimme ist jetzt
eine gleiche Stimme! Deswegen ist
jetzt das, was bisher in der Summe „Republik” hieß, nun „Demokratie”. Aber
rechtfertigt die „gleiche Stimme” diese Umfirmierung?
Warum Demokratie? Wäre es angesichts der
gezeigten Probleme und Ungereimtheiten nicht ehrlicher und bescheidener, wie
Kant, von Republik und Republikanismus zu sprechen? Auch die Verfassung der Republik ist „nach dem Gesetz der
Gleichheit” gegründet, allerdings einer „Gleichheit”, die sich nicht von „Volk”
herleitet, sondern vom „Vertrag”.[68]
Auch die Republik kennt die Gewaltenteilung, kennt die Unterscheidung in
Legislative, Exekutive und Judikatur. Wäre das nicht gegenüber der Berufung auf
„Volk” und „Demokratie” die logisch saubere Lösung? Noch dazu, da sie von
vornherein die „Repräsentation” enthält und sicherstellt, die jeder
Regierungsform erst Halt und Dauer verleiht. Der Hochstapelei, die mit „Volk”
und „Demokratie” einhergeht, wäre damit ein Ende gesetzt. Der Staat würde
erscheinen als das, was er lt. Kant ist: notwendige Einrichtung, eine
Geschäftsführung, die die bürgerliche Gesellschaft haben muss, um sich vor
Selbstzerstörung zu bewahren. Es wäre mit „Republik” klargestellt, dass die
Gleichheit, die in ihr waltet, lediglich die Gleichheit vor dem Recht ist – und
nicht mehr. Es wäre klargestellt, dass diese Gleichheit unabhängig ist von der
sozial-ökonomischen Situation der Einzelnen.
Wie gewonnen so zerronnen. Bereits siebzig
Jahre später bieten die USA sozialökonomisch gesehen ein völlig anderes Bild. T.
Gomperz spielt darauf an, wenn er die Anmerkungen Aristoteles zur Demokratie
kommentiert: „Des Stageriten politische Voraussicht steht auf gleicher Höhe mit
Alexis de Tocquevilles Voraussetzung, dass die
‚Gleichheit der Lagen‘ … die bleibende wirtschaftliche Norm Nordamerikas
sei, des Landes, das wenige Jahrzehnte später der Schauplatz einer in der
Geschichte beispiellos dastehenden Vermögensanhäufung, die Heimat der
Riesenkartelle und der hundertfachen Millionäre geworden ist.”[69]
Folgt man Gomperz, dann waren die USA Anfang
des 20. Jahrhunderts wegen der fehlenden sozialen Gleichheit zwar eine
Republik, aber keine Demokratie (mehr). Die USA der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts befanden sich, ökonomisch gesehen, in jenem Stadium, das gemeinhin
als „freie Konkurrenz” bezeichnet wird. Dieses paarte sich damals mit der
sozialen Gleichheit der Millionen Einwanderer und ergab insgesamt eine soziale
(Sonder-)Situation, die sich gravierend abhob von der damals in Europa
vorherrschenden. Aber bedenken sollte man, dass von „Demokratie” auch für
diesen Zeitraum in den USA nur die Rede sein kann, wenn ein konturloser und
unhistorischer Gleichheitsbegriff zugrundegelegt wird.
Chr. Meier erwähnt Xenophon, einen Athener
Adligen, der 420 v.u.Z. in einem Pamphlet von der tiefen Spaltung von Adel und
Volk schreibt, da die Interessen beider Gruppen grundsätzlich gegensätzlich und
unvereinbar seien. Bleibe es bei dem Interessengegensatz, könne die Demokratie
nicht irgendwie „verbessert” werden, „sondern nur bestehen oder fallen.”[70]
Und zur Auffassung des Aristoteles merkt er an: „Was damit polemisch für Athen
festgestellt wurde, fand seinen allgemeinen Ausdruck dann in der Staatstheorie
des Aristoteles. Dieser schrieb nämlich, die Tatsache, dass in der Demokratie
die vielen … die oberste Gewalt in Händen hätten, sei akzidentiell. Der
eigentliche Unterschied zwischen den Herrschaftsinhabern bestehe zwischen Arm
und Reich.”[71]
Auch Tocqueville sah schon, dass die Demokratie
ein ständiger Spagat zwischen Freiheit und Unfreiheit ist und von daher ständig
gefährdet ist. Allerdings sah er die Gefährdungen eher von Seiten eines
„verderbten Gleichheitstriebes”, der sich darin zeigt, „dass die Menschen die
Gleichheit in der Knechtschaft der Ungleichheit in der Freiheit vorziehen.”[72]
Solche Gefährdungen auch einem „verderbten Freiheitstrieb” zuzurechnen, kommt
Tocqueville nicht in den Sinn. Und so prüft er nicht, was mit der Demokratie
geschieht, wenn die von ihm unterstellten „gleichen Lagen” durch Entwicklungen
beseitigt oder eingeschränkt werden, die zu so ungeheuren Diskrepanzen zwischen
arm und reich führen, wie wir sie gegenwärtig bestaunen können.[73]
Er unterstellt, dass es bei dem 1831/32 erhobenen Befund bleibt.
Überwog im antiken Athen die soziale
Ungleichheit, schlug die dortige Demokratie mit schöner Regelmäßigkeit um in
die Diktatur. Das hatten die „Erfinder” zu beachten. Umso mehr, da ihnen ja
klar war, dass die soziale Ungleichheit der Moderne ein Resultat der „Freiheit”
ist und diese Freiheit als höchstes individuelles Gut Vorrang vor allen anderen
Gütern hat. Die Demokratie musste also so reguliert, so gebändigt werden, dass
sie der sozialen Ungleichheit Stand halten konnte. Demokratie nur, soweit die
Freiheit nicht gefährdet ist. Die repräsentierte Demokratie ist also in
bewusster Abkehr vom Gleichheitsprinzip installiert worden. Natürlich auch jene, die dem GG zugrunde liegt. Denn das war ja
die Lehre, die seine „Väter” aus dem Scheitern
der WRV zu ziehen hatten. Das „Gemeinschaftsvolk” im Sinne H. Liermanns, das
ergibt sich aus der Gesamtanlage des GG, ist nicht gemeint, wenn von „Volk” die
Rede ist. Sie hatten nicht dieses, sondern das Volk der „Freiheit”, das
„Gesellschaftsvolk im Blick. H.
Dreier dazu: Das zentrale Problem der WRV, die „Zerstörung liberaler Freiheit
durch demokratische Entscheidungsprozesse”[74]
ist im GG zugunsten der „Freiheit” und gegen die „Demokratie” gelöst worden.
Und weil es immer mehr um die „Freiheit” geht, mithin um die Sicherung der
sozialen Ungleichheit, sind im Zuge der wissenschaftlichen und praktischen
Demokratie-Fundierung immer mehr frühere Demokraten, allen voran der Franzose
Rousseau und der Deutsche Kant, in den Geruch geraten, dem Totalitarismus in
die Hände zu arbeiten.[75]
War es für Solon, der vormals als „Erfinder” der Demokratie galt, klar, dass
die ökonomische Ungleichheit der Tod der Demokratie ist, scheint sich in der
Gegenwart die Meinung zu verfestigen, dass es genau umgekehrt ist, dass eine
Demokratie, die sich von der „Freiheit” her versteht, an Kraft und Stärke
gewinnt, je ökonomisch ungleicher es zugeht.
Die bzw. alle
„Staatsgewalt geht vom Volke aus”, heißt es in Art. 1 WRV und Art. 20 GG.
Von wem aber geht die Staatsgewalt aus, wenn es
das „Volk” nicht gibt? Nun, dann haben wir ja immer noch die Abgeordneten. Und,
vor den Abgeordneten, die Parteien, von denen einige, meist die regierenden,
sich „Volksparteien” nennen. Und mindestens sie, die Parteien und die
Abgeordneten, sind keine Spukgestalten; sie sind real existierende Größen.
Deswegen richtet sich der Blick auf sie, besonders auf die Parteien. Eine
Modifikation der Demokratie kommt auf: die Parteiendemokratie auch firmierend
unter „pluralistische” Demokratie.
Mag das Volk eine Spukgestalt sein: die
Parteien sind kein Spuk, sie sind Realität!
„Volksdemokratie” ist irreal. Real ist die
„(Volks-)Parteiendemokratie”.
Drastisch formuliert O. Spengler 1925:
„Dass Parteien, vor allem
englische Parteien, Teile des Volkes sind, ist dilettantischer Unsinn.”[76]
…
Und es
gibt sie doch! Die direkte Demokratie als Bestandteil der politischen Praxis
Die bürgerliche Gesellschaft bringt die gleiche
formal-juristische Freiheit für jedermann. Und von daher ist es nur recht und
billig, wenn jeder mit gleicher Stimme am Wählen beteiligt ist. Im
Freiheitsbegriff der bürgerlichen Gesellschaft ist also das Wahlrecht dieser
Art eingeschlossen. Nun sahen wir aber bereits, dass die Staatsformen
„Republik” und „Demokratie” – beide haben die bürgerliche Gesellschaft zur
Grundlage – durch die Ab- oder Anwesenheit „gleicher” Wahlen unterschieden
werden. Wenn das Wahlrecht nach Steuerklassen, dieser offenkundige Verstoß
gegen das Fundamentalprinzip der bürgerlichen Gesellschaft, der „Freiheit”, nun
abgeschafft wird zu Gunsten gleicher Wahlen, hat das mit jetzt restlos
hergestellter „Freiheit” zu tun; die Gleichheit der „Freiheit” ist damit
verwirklicht. Das Wählen ist kein Privileg mehr; es steht jedem zu. Der arme
Teufel und der Superreiche: jeder hat nur die eine gleiche Stimme. Die bisherige
„Minoritätendemokratie” (Leibholz) ist zur „Massendemokratie” geworden. Was
will man mehr? Scheinbar sind damit dem wirtschaftlich und finanziell Mächtigen
die Exklusivrechte an der politischen Macht entzogen. Scheinbar ist die Stunde
des Pöbels gekommen. Und so knüpfen sich daran auf der einen Seite
außerordentlich viele Erwartungen wie auf der anderen Seite außerordentlich
viele Befürchtungen. Bald aber können die bisher privilegierten Schichten
erleichtert aufatmen: Keine der „schlimmen Befürchtungen sind eingetreten”[77].
Dieses Resultat hat damit zu tun, dass die
Gleichheit der „Freiheit” nur eine formale Gleichheit ist, die dazu dient, die
tatsächliche soziale Ungleichheit der Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft
sicherzustellen. Übertragen auf das „gleiche” Wählen:
Das per Gesetz gleiche Stimmrecht ist die
politische „Mitgift” der bürgerlichen Gesellschaft für alle ihre Mitglieder.
Die gleiche eine Stimme für jedermann bedeutet aber nur: Jedes Mitglied der
bürgerlichen Gesellschaft erhält damit eine gesetzlich garantierte staatsbürgerliche Mindestausstattung.
Das trotz dieser Wendung zur „Massendemokratie”
alles beim Alten bleibt, hat mit jenem „Gesellschaftsvolk” Liermanns zu tun,
aus dem inzwischen längst das moderne „Parteien”- oder „Gruppenvolk” geworden
ist, gewissermaßen das reale „Gesellschaftsvolk”. Verbunden damit, hat sich die
Repräsentation von den Abgeordneten zu den (Volks-)Parteien verlagert. Und da
die Parteien als Beweis dafür genommen werden, dass es das Volk wirklich gibt,
wird in dieser Wendung zugleich ein Bedeutungszuwachs der direkten Demokratie
gesehen.
Diese neue Sicht auf das „Volk”: das
„Gruppenvolk”, kurz: der „Pluralismus”, aufgekommen im angloamerikanischen Raum
bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, hält nun auch Einzug in das politische
Denken der BRD – nicht zuletzt über das politische Wirken zweier Rückkehrer aus
der Emigration.
Der eine von ihnen, G. Leibholz, rechnet in der
Weimarer Zeit die Parteien nicht zu „Volk” und „Demokratie”. Jetzt, nach
Rückkehr aus dem englischen Exil, sieht er es anders. Ja, die Parteien sind
Teil der Demokratie, sagt er nun. Und nicht nur das: sie sind die „Herren
unserer Demokratie” – was „es legitim erscheinen lässt, von einer
parteienstaatlichen Demokratie zu sprechen.”[78]
Sie stehen vor den Abgeordneten, die in erster Linie Repräsentanten ihrer
Partei sind. Und da die Parteien näher am „Gruppenvolk” stehen als der
Abgeordnete, sieht er in dieser Verlagerung sogar einen Schritt zur direkten
Demokratie.
Was ist der Abgeordnete, fragt C. Schmitt 1927.
Seine Antwort: „Trotz des Artikel 21 [der WRV] ist der Abgeordnete nicht der
Vertreter des ganzen Volkes, sondern der an Weisungen gebundene
Parteifunktionär.”[79]
Daran hat sich auch unter dem Geltungsbereich des GG, das in Art. 38 eine
gleich lautende Regelung enthält, nichts geändert. Geändert hat sich jedoch die
Bewertung des Vorgangs. Waren die Parteien damals mit Blick auf das imaginäre
„Gemeinschaftsvolk” in den Geruch gebracht, sich Souveränitätsrechte anzumaßen,
so sind sie jetzt an die Stelle des
Volkes gerückt. Und die Abgeordneten?
Nun, in allererster Linie repräsentieren sie
die Parteien. Wer ihre Partei wählt, bekennt sich dazu, Teil dieses
„Gruppenvolkes” zu sein. Der Abgeordnete wird zu einem Mittler zwischen Partei
und Wähler, wird zum Unter-Repräsentanten. „Repräsentation” ist nicht das
Gleiche wie „Vertretung”. Jene ist der juristisch weitere, diese der juristisch
engere Begriff. Auf jeden Fall wird der Abgeordnete zum Diener zweier Herren,
wobei einleuchten sollte, dass, wer nur über die (Partei-)Liste zum Mandat
kommt, den Weisungen der Partei williger Folge leistet als den Wähleraufträgen.
Ohnehin schafft die Repräsentation dem gewählten Abgeordneten Spielraum genug,
sich über den Wählerwillen hinwegzusetzen, zum Beispiel unter Berufung auf sein
„Gewissen”, unter Berufung auf Partei- und Fraktionszwänge, unter Berufung auf
die „Sachzwänge”.
Ein Phänomen, das sich mit dieser Art von Wahl
und von Repräsentation verbindet: Viele Wähler fühlen sich getäuscht bei der
Umsetzung des Wählerwillens, so dass sich Wahlverdrossenheit breit macht, so dass
die Partei der Nichtwähler mittlerweile die stärkste Partei geworden ist. Alle
politischen Entscheidungen scheinen dem Volkswillen zu entsprechen. Aber der gewöhnliche
Wähler gewinnt immer häufiger den gegenteiligen Eindruck. Warum ist das so?
Eine Antwort darauf gibt M. Wundt. Bezogen auf
die repräsentierte Demokratie der Weimarer Republik hebt er als deren Merkmal
hervor, dass die „rechtliche Staatsverfassung” die „wirkliche” verdeckt. Und
weiter: „Die Verschleierung der tatsächlichen Machtverhältnisse bietet dabei
dem wirklichen Machthaber eine sehr wirksame Deckung. … Da er selbst nicht Teil
dieser gesetzlichen Gewalt ist, so ist er auch auf gesetzmäßigem Wege meistens
nicht zu fassen. Sein Einfluss ist umso schwerer zu berechnen, als er in dem
verfassungsmäßigen Aufbau des Staates nicht vorgesehen und daher durch
verfassungsmäßige Mittel nicht zu erreichen ist.”[80]
Wer sind diese „wirklichen Machthaber”?
„Am stärksten sind natürlich die
Wirtschaftsmächte, und man muss sich oft fragen, ob die Staatsgewalt bei den
gewählten Vertretern des Volkes liegt oder bei Großbanken, Industrieverbänden,
Arbeitergewerkschaften.”[81]
Was Wundt als „verdeckte Formen der Demokratie”
bezeichnet, kann man richtiger als Formen „direkter” Demokratie bezeichnen. Und
wo es und insoweit es sie gibt, scheint der antike, die ökonomischen
Verhältnisse mit einbeziehende, Demokratiebegriff wiederhergestellt zu sein.
Wirtschaftliche und politische Macht entsprechen sich, insoweit stoßen wir hier
scheinbar auf die Ideal-Form der Demokratie. Teilhaber sind allerdings nur
Wenige. Und mit „Volk” hat sie nur zu tun, wenn diese Wenigen als „Volk”
verstanden werden.
Aber haben wir nicht soeben festgestellt, dass der
direkten Demokratie durch die meisten modernen Verfassungen zu Gunsten der
Repräsentation der Weg verlegt ist?
Ja, so ist es. Der legale Weg ist verlegt. Und
zwar denjenigen, die als Teilnehmer an der Demokratie – wie Wundt formuliert –
„vorgesehen” sind. Für diejenigen, die das Gesetz als Wähler ohnehin nicht
vorsieht, gilt das Verbot nicht. Für diese Kategorie gilt der Grundsatz: Alles
was nicht verboten ist, ist erlaubt. Und wenn auch der wirtschaftlich Mächtige
dem Gesetz nach hat die gleiche eine Stimme wie der arme Teufel hat, so ist
doch zu bedenken, dass sich diese Regelung sich nur auf die staatsbürgerliche Mindestausstattung
bezieht. Und wie Wundt sagt: Nur der Rechtsweg zur direkten Demokratie ist per
Verfassung so gut wie ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen ist der tatsächliche Weg zu ihr.
Für jenen Teil des Volkes, der nichts weiter
hat als seine eine Stimme, bleibt die Einflussnahme an den politischen
Entscheidungen beschränkt auf das Wählen. Wer jedoch mehr will – und das wollen
besonders die „Initiativträger”[82]
der bürgerlichen Gesellschaft -, dem bietet gerade die Repräsentation gute
Gelegenheit, überproportional Einfluss auf die Politik und die politischen
Entscheidungsträger zu nehmen.[83]
Man muss nur wissen wie. Und man muss wissen: das kostet Zeit und vor allem
viel Geld.
Gemessen an einer direkten Demokratie, die, wie
wir sahen, nur bei „gleichen Lagen” funktioniert, ist die repräsentierte
Demokratie ein Minus, eine defizitäre Demokratie, „eine permanent nicht
erfüllte Demokratie”[84].
Das scheint mir der Grund, weshalb an einer direkten Demokratie nicht gemessen
werden darf, weshalb die direkte Demokratie als „Irrationalismus” in die
hinterste Ecke der Verfassungstexte verbannt wird. Gleichwohl existiert sie.
Allerdings mehr im Verborgenen, abseits des Wählens und des
Lehrbuch-Parlamentarismus. Und nicht für
alle. Das hat mit jener „Segmentierung”[85]
des Prozesses politischer Willensbildung zu tun, die zum Charakter der modernen
Demokratie gehört.
Einerseits repräsentierte Demokratie –
hergestellt über Wahlen, an denen alle mit gleicher Stimme beteiligt sind.
Andererseits direkte Demokratie für Wenige. Exekutiert wird diese doppelte
Demokratie über eine, wie E. Fraenkel formuliert, „adjektivistische” Demokratie[86]
namens „Pluralismus”. Besonders interessant ist, dass Fraenkel diese
„pluralistische Demokratie” der „sozialistischen Demokratie” des Ostens gegenübergestellt
sah. Ihr Gemeinsames bestehe darin, dass das Volk hier wie dort nicht vom
gewählten Volksvertreter repräsentiert wird, sondern von einer (im Osten) oder
mehreren Parteien (im Westen). Und Folge sei deshalb hier wie dort, dass das
von Verfassung wegen vorgesehene „Wählen” auf einen äußerst geringen Grad an
Bedeutung herabgestuft sei. Ähnlich sieht es G. Leibholz. Auch er zweifelt
daran, dass man Heutzutage (1951) „noch von einer echten Wahl sprechen kann.”[87]
Dabei bleibt er in den Folgejahren; er wiederholt: „Bei Lichte besehen, sind diese nämlich heute überhaupt keine
echten Wahlen mehr.”[88]
Solche Aussagen bestätigen Hegel, wo dieser
sagt, dass eine um ihr Wesen gebrachte, also eine „unwesentliche” oder auch
„unwahre” Demokratie, eine solche, die „ein ganz totes, unlebendiges Bild”
abgibt, nur mit einem ganz „unwesentlichen” Wählen in Verbindung stehen kann.
Aber um den Unterschied hier noch einmal zu betonen: Leibholz und auch Fraenkel
sehen ja in dem Vormarsch der Parteien einen Vormarsch der direkten Demokratie.
Man kann es nicht prosaisch genug sehen, um der Wahrheit nahe zu kommen. Die Bedeutung
des Wählens wird erheblich reduziert, weil der durch Wahlen ausgedrückte Wille
durch wichtigere „Willen”, die auf Legislative und Exekutive einwirken,
überlagert oder ganz beiseite geschoben wird.
Wie wir schon sahen: es gibt genügend Wege und
Mittel, um sich vor dem Volk zu schützen. Mit Geld z.B. kann man, wie jeder
weiß, vieles bewirken, auch im politischen Raum.
Die Folge ist ein Abgleiten der Repräsentation
„in bloße ‚Vertretung‘ empirischer Einzelwillen”[89].
Man denke an die „Einzelwillen” so mächtiger Konzerne wie VW, wie Deutsche
Bank, wie Bayer. Obwohl selbst nicht wahlberechtigt, haben deren Willen eine
ganz andere Bedeutung und Realisierungschance als die Willen ganzer Legionen
einfachen Wahlvolks.
Das führt uns ein letztes Mal zu Hegel zurück.
Was wird repräsentiert, fragt er in § 311 R.
Seine Antwort: Nicht einzelne Wähler werden repräsentiert. Vielmehr sind die
gewählten Abgeordneten „Repräsentanten
einer der wesentlichen Sphären der
Gesellschaft, Repräsentanten ihrer großen Interessen. Das Repräsentieren hat
damit auch nicht mehr die Bedeutung, dass einer an der Stelle eines anderen sei, sondern das Interesse selbst in
seinem Repräsentanten wirklich gegenwärtig, so wie der Repräsentant für
sein eigenes objektives Element da ist.”
Wichtig an dieser Äußerung ist, dass nicht die
Interessen eines „Volkes”, sondern die der „Gesellschaft” genannt werden, die
Interessen nicht der Demokratie-, sondern der Freiheitssphäre, also der Sphäre
der sozialökonomischen Ungleichheit. Und dort stehen ganz selbstverständlich
solche Interessen obenan, die auf wirtschaftliche Macht beruhen, aber, wenn man
an Großbanken und Großunternehmen denkt, selbst nicht einmal wahlberechtigt
sind. Wir stoßen also auf die bemerkenswerte Situation, dass die unwesentlichen
Interessen der bürgerlichen Gesellschaft über das verfassungsmäßige Wählen zum
Ausdruck gebracht werden, die wesentlichen Interessen aber vom Wählen generell
ausgeschlossen sind und andere Wege suchen und finden, um sich Geltung zu
verschaffen. Auf diesem Hintergrund versteht sich, wenn er sagt: Das „Wählen
ist entweder überhaupt etwas Überflüssiges oder reduziert sich auf ein geringes
Spiel der Meinung und der Willkür.” Und das es so ist, entgeht natürlich auf
Dauer auch dem dümmsten Wähler nicht, so dass die Wähler „eben zum Stimmgeben
nicht mehr erscheinen”. Was die Sache allerdings nicht besser macht, weil damit
auch noch die geringe Korrekturwirkung, die das Wählen trotz allem hat,
geschmälert wird. Die Wahlverdrossenheit spielt also jenen mächtigen und
tonangebenden Interessen direkt in die Hände. Das „Gegenteil ihrer Bestimmung”
wird bewirkt. Das nicht ausgeübte Wahlrecht führt dazu, dass „die Wahl in die
Gewalt Weniger … fällt, dass Interessen
obsiegen, „die gerade neutralisiert werden” sollten.
Die repräsentierte Demokratie verbindet sich
mit einem in der Gegenwart beispiellos aufgeblähten Lobbyismus. Wenn allein in
Brüssel 50.000 Lobbyisten[90]
auf die Mitglieder der Administration und des Parlaments der EU angesetzt sind,
ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass es wohl kaum allein auf „Wählen”
und „Wählerwillen” ankommt. Hinzu kommt jene Unzahl von ihnen, die sich an den
Abgeordneten und den Regierenden der Mitgliedsstaaten „festbeißen”. Den Souverän
„Volk” haben die Regierenden nur alle 4 oder 5 Jahre am Halse; er ist – um es
mit Worten Hegels zu sagen – ein „Abstraktum”. Der Lobbyist hingegen ist ihr
ständiger Begleiter; er ist ein „Konkretum”. Die Versprechungen gegenüber dem
Wahlvolk, ohnehin nicht bindend, sind schnell vergessen, der Lobbyist dagegen
sorgt dafür, dass die ihm gegenüber erfolgten Zusagen erfüllt werden. Und er
geizt nicht! Denn er weiß natürlich, dass allzu vielen Abgeordneten nichts
Menschliches fremd ist und die angebotenen Beraterverträge für nebenbei, die
Job-Angebote für die Zeit danach durchaus bereit sind anzunehmen, wenn sie hoch
genug dotiert sind.
Und diese, außerhalb des in der Verfassung
vorgesehenen Wahlsystems stehende, Art der Demokratieausübung soll nicht illegal
sein?
Nochmals dazu: Verboten ist sie nicht. Sie ist
nur denjenigen Wählern nicht zugänglich, die sie sich nicht leisten können.
Ihre Teilhabe ist auf die gesetzliche Mindestausstattung beschränkt. Insofern
gilt auch hier: Demokratie muss man sich leisten können. Wir leben nicht in
einer „Volksdemokratie”, sondern in einer „Eigentumsdemokratie”[91].
Wer nichts oder nur wenig hat, muss
daher mit dem 4-jährigen Stimmgeben vorlieb nehmen.
Die repräsentative Demokratie verbindet sich
also mit der Folge, dass die wahlberechtigten natürlichen Personen per
Wahlrecht von der direkten Demokratie ferngehalten sind und diese gleichzeitig
den nicht wahlberechtigten juristischen Personen der Wirtschaft überlassen ist.
Sie ist für die einen gerade deswegen verboten, weil sie den anderen überlassen
ist. Und wie schon gezeigt: die „direkte Demokratie” dieser Art wird ausgiebig
praktiziert. Höchst effizient und am liebsten im Verborgenen. Sie zu
legalisieren würde bedeuten, die Akteure dieser Demokratie zu kujonieren, ihren
Tatendrang in einem bürokratischen Wust leerlaufen zu lassen. Außerdem müsste
dem Gleichheitsgebot Rechnung getragen werden. Krethi und Plethi müsste also
ebenfalls Zugang zu dieser Demokratie eingeräumt werden, also gerade jenem
ominösen „Volk”, das über die repräsentative Demokratie davon ausgeschlossen
sein soll. Es wäre also ein Schlag gegen die Parteien-Demokratie und schlimmer
noch: gegen die Freiheit.
Fazit:
Kant charakterisiert die Demokratie als eine
Herrschaftsform, die ständig Gefahr laufe, in Despotie umzuschlagen. Sie
reagiert wie Lackmuspapier auf Verschiebungen im Verhältnis von arm und reich.
Eine Verschiebung der Vermögensverhältnisse, wie wir sie in der jüngsten
Vergangenheit erlebt haben und immer noch erleben, hätte ihr längst den Garaus
gemacht. Anders die repräsentative Demokratie. Bei ihr sind Filter und
Sicherungen eingebaut, die der zweifachen Aufgabe dienen, den Übergang zur Diktatur auszuschließen und den
oligarchischen Charakter des Staatswesens zu verbergen. Das „Repräsentative” an
ihr kann also als die „Knautschzone” dieser Demokratie bezeichnet werden. Und
diese ist reichlich bemessen! Wäre das nicht so, hätte die unverträglich groß
gewordene Kluft zwischen arm und reich dieser Demokratie längst den Garaus
gemacht.
Mit der „repräsentativen Demokratie” ist, mathematisch
gesehen, die Quadratur des Kreises gemeistert. Eine Erfindung, die, gäbe es
einen Nobelpreis dafür, dieses Preises würdig wäre. Da die Väter des GG,
eingedenk der Erfahrungen mit der WRV, verstanden, die Grundgedanken der
Erfindung meisterhaft in ihr Werk zu verpflanzen, kann das GG mit Fug und Recht
als ein gelungenes Werk bezeichnet werden. Sie ist ein Garant der „Freiheit”
und der mit ihr untrennbar verknüpften sozialen Ungleichheit. Von daher gesehen
haben wir damit eine gute, wenn nicht sehr gute Verfassung. Man kann unter dem
GG so reich werden wie man will, ohne sich strafbar zu machen. Der Zeitgeist
verlangte es, dass im Text auch „Volk” Erwähnung fand; „Volk” war notwendig, um
auf „Demokratie” zu kommen. Aber erst, nachdem die „Freiheit” unter Dach und
Fach gebracht war. „Volk” ist daher die eindeutig nachrangige Größe des GG; und
insofern ist es durchaus an Hegel orientiert. Trotz dieses sparsamen Umgangs
mit dem Begriff „Volk” hätte es fast eine böse Überraschung für die
Verfassungshüter gegeben, als nämlich die Bevölkerung der DDR sich 1989/90 zum
Volk aufwarf und unter Berufung auf die damalige Fassung des Art. 146 eine End-
und Volksverfassung forderte. Da war es gut und richtig, dass man ihm sagte,
dass mit dem GG bereits ein Spitzenprodukt vorliegt und mehr „Volk” darin es
nur verderben würde.
[1] Zugleich mein
Beitrag zum Jubiläum des GG.
[2] Obenan steht
hier die „Kritik des Hegelschen Staatsrechts” durch den jungen Marx, deren
Kernpunkte bis heute von den liberalen Kritikern Hegels geteilt werden.
[3] A. Bäumler, ein
späterer Adlatus A. Rosenbergs, schreibt, bezugnehmend auf §§ 279 u. 301 R,
1927: „Aber in Hegels Staat hat weder das Volk noch das nationale Prinzip einen
legitimen Platz.” (Einleitung zu: Hegels Schriften zur
Gesellschaftsphilosophie, Teil 1, Philosophie des Geistes und
Rechtsphilosophie, Jena 1927, S. 66.
[4] Hier sei an H.
Heller erinnert, für den Hegels Staat ein „Machtstaat” war und kein
„Volksstaat”.
[5] Schon Hegel-Schüler A. Ruge sieht in der negativen
Einstellung Hegels zum allgemeinen Wahlrecht sowie in dessen Hervorhebung des
Monarchen einen „unbegreiflichen Fehler”. (Vgl. dazu die Ausführungen bei G.
Maluschke, Philosophische Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates,
Freiburg/München 1982, S. 258.)
[6] Dazu ausführlich
in „Hegels sittlicher Staat”, dort S. 187-196. Was folgt sind ergänzende
Bemerkungen.
[7] § 544/A E.
[8] Hervorhebung bei
H.
[9] § 302 R.
[10] § 279 R
(Hervorhebung bei H.).
[11] § 273/A R.
[12] K. Rosenkranz,
Georg Wilhelm Friedrich Hegels Leben, Berlin 1844, Nachdruck 1977, S.332.
[13] Ebd., S. 334.
[14] Vgl. H. Althaus,
Hegel und die heroischen Jahre der Philosophie, München, Wien 1992, S. 545.
[15] E. Fraenkel,
Deutschland und die westlichen Demokratien, erw. Ausgabe, Frankfurt/M. 1991, S.
278.
[16] ZEF, 2. Absatz,
Erster Definitivartikel.
[17] VPhG, S. 67.
[18] § 303/A R.
[19] VPhW, S. 362.
[20] Hegel, VPhG, S.
61.
[21] § 301/A R.
[22] Das „wirkliche
Volk” – ein Begriff, mit dem E.-W. Böckenförde arbeitet (siehe Demokratie und
Repräsentation, Hannover 1983, S. 22)
[23] H. Dreier in dem
von ihm hrsg. GG-Kommentar, Bd. II (Art. 20, Rd-Nr. 57).
[24] Und genauso
erfolglos ist es bislang geblieben, „Volk” und „Demokratie” justiziabel zu
machen – und das in einer Gesellschaft, in der nahezu Alles und Jedes vor
Gericht gebracht werden kann.
[25] H. Kelsen, Vom
Wert und Wesen der Demokratie, Tübingen 1929, S.14.
[26] Vgl. dazu: C.
Schmitt, Verfassungslehre (VL), S. 242f.
[27] § 273/A R.
[28] § 279 R.
[29] § 300 R.
[30] Vgl. H.
Liermann, Das deutsche Volk als Rechtsbegriff im Reichsstaatsrecht der
Gegenwart, Berlin/Bonn 1927. Zu den Konsequenzen dieser Unterscheidung habe ich
mich geäußert in: B.R., Hegels sittlicher Staat, S.246ff.
[31] § 301 R.
(Hervorhebung bei H.). § 544/A E: Bloßes „Aggregat der Privaten” und als
solches „vulgus, nicht populus”.
[32] W. Schönfeld, a.a.O.,
S. 60.
[33] E. Fraenkel, a.a.O.,
S. 279. An anderer Stelle (S. 306) „Was heißt das nun, ein Volk?”
[34] F. Müller, Wer
ist das Volk?, Berlin 1997.
[35] B. Fabian,
Alexis de Tocquevilles Amerikabild, Heidelberg 1957, S. 115.
[36] E. Fraenkel, a.a.O., S. 291.
[37] Siehe W. Schönfeld, Freiheit und Persönlichkeit in der Lebensordnung des Deutschen Volkes, ZDK 5 (1939), S. 60
[38] W. Weber,
Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, Stuttgart 1958, S. 10
u. 13.
[39] VPhG, S. 67.
[40] VPhG, S. 61.
[41] Vgl. C. Meier,
Demokratie, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Hrsg. v. Otto Brunner, Werner
Conze, Reinhart Koselleck, 4. Aufl. Bd. 1, Stuttgart 1992, S. 845
[42] C. Schmitt: „Es
gehört ganz zur klassischen Tradition anzunehmen, dass der Reichtum die
Demokratie zerstört, weil er die Tugend zerstört”. VL, S. 229. Man denke an die
gleichmacherischen Gesetze, mit denen Solon die ins Wanken geratene Demokratie
der Athener zu retten suchte.
[43] VL, S. 305.
[44] Vgl. § 273 R.
[45] A. de
Tocqueville, Die Demokratie in Amerika, hrsg. v. Carl J. Burckhardt,
Frankfurt/M. 1956, S. 31.
[46] Ebd., S. 39.
[47] Ebd., S. 37.
[48] Fabian, a.a.O.,
S.123.
[49] Meier, a.a.O.,
S. 882
[50] Ebd.
[51] W. Hasbach, Die
moderne Demokratie. Eine politische Beschreibung, 2. Aufl. Jena 1921, S. 17.
[52] Ebd., S. 17f.
[53] Ebd., S. 287f..
[54] Ebd., S. 288.
[55] Meier, a.a.O.,
S. 872.
[56] C. Schmitt, VL,
S. 225.
[57] R. Thoma, Der
Begriff der modernen Demokratie in seinem Verhältnis zum Staatsbegriff, in:
Erinnerungsgabe für Max Weber Bd. 2, München, Leipzig 1923, S. 46.
[58] Meier, a.a.O.,
S. 873.
[59] Vgl. G.
Maluschke, Philosophische Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates,
Freiburg/München 1982, S. 290.
[60] E.-W.
Böckenförde, Demokratie und Repräsentation, a.a.O., S. 15.
[61] Maluschke,
a.a.O., S. 294.
[62] Vgl. ebd., S.
282.
[63] Schmitt, VL, S.
277.
[64] Hegel, VPhG, S.
67.
[65] § 279 R.
[66] Fraenkel,
a.a.O., S. 293.
[67] W. Hasbach, Die
moderne Demokratie. Eine politische Beschreibung, 2. Aufl. Jena 1921, S. 39.
[68] Kant, Vom ewigen
Frieden, Erster Definitivartikel
[69] T. Gomperz, Griechische
Denker. Eine Geschichte der griechischen Philosophie, 3. Bd., Frankfurt/M. 1996
(Reprint der 4. Aufl.), S. 302.
[70] Meyer, a.a.O., S.
825.
[71] Ebd., S. 825f.
[72] Tocqueville,
a.a.O., S. 40.
[73] Das Verhältnis
der Einkommen von Top-Managern zu den Einkommen der Arbeiter betrug in den USA
1980 1:43, im Jahre 2006 aber bereits 1: 411. Ein Prozent der Weltbevölkerung
besitzt 2015 so viel wie die übrigen 99 Prozent. (Quellen: N. Klein, Die
Schock-Therapie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, Frankfurt a.M.
2007, S. 627; Bericht der Hilfsorganisation Oxfam, verbreitet u.a. im ZDF am
19. Januar 2016).
[74] H. Dreier,
Rechtslehre, S. 268.
[75] Vgl. dazu
kritisch und informativ: I. Maus, Zur Aufklärung der Demokratietheorie,
Frankfurt/M. 1994.
[76] Preußentum und
Sozialismus, München 1925, S. 57.
[77] S. Low, Die
Regierung Englands, Tübingen 1908, S. 166.
[78] G. Leibholz, Das
Wesen der Repräsentation und der Gestaltwandel der Demokratie im 20.
Jahrhundert, Dritte, erweiterte Auflage, Berlin 1966, S. 255.
[79] Zitiert bei P.
Schneider, Ausnahmezustand und Norm. Eine Studie zur Rechtslehre von Carl
Schmitt, Stuttgart 1957, S. 161.
[80] M. Wundt,
Staatsphilosophie. Ein Buch für Deutsche, München 1923, S. 141f.
[81] Ebd., S. 146 –
nach nunmehr 40-jähriger Zugehörigkeit zur bundesdeutschen Gesellschaft sehe
ich keinen Grund, diese Aussage in Zweifel zu ziehen.
[82] E.-W.
Böckenförde, Demokratie und Repräsentation, Hannover 1983, S. 10:
[83] Ders. ebd.: „Nur
bestimmte Eliten schöpfen die gegebenen Beteiligungsmöglichkeiten aus und
artikulieren dabei ihre Interessen.”
[84] Ebd., S. 15.
[85] Ebd., S. 11.
[86] Fraenkel, a.a.O.,
S. 278.
[87] Leibholz, Parteienstaat
und repräsentative Demokratie, DVBl 1951., S. 4.
[88] Leibholz, Das
Wesen der Repräsentation, a.a.O., S. 231.
[89] Böckenförde,
a.a.O., S.23.
[90] Spannende Frage:
wer bezahlt sie? Noch spannender die Frage: wer wird von ihnen bezahlt?
[91] Vgl. dazu: W.
Leisner, Demokratie. Selbstzerstörung einer Staatsform, Berlin 1978, S. 45f.