Resultat
der „Umkehrmethode“: K. Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie[1]
Den
Anstoß gibt L. Feuerbach. Seine Kritik der hegelschen Philosophie zielt auf das
„charakteristische Element Hegels, … [das] Element der Differenz.“[2]
Immer diese zwei Wahrheiten, immer diese Gegenüber von Geist und Natur, von
Subjekt und Objekt, von Geistphilosophie und Naturphilosophie! Immer diese
Aufhebung der Gegenüber im Absoluten! Aber das Absolute, was ist das? „Nichts
als das Und, die Einheit von Geist
und Natur. Sind wir denn aber damit weitergekommen?“ Haben wir am Ende mehr in
der Hand als ein „vages, namenloses Wesen“?[3]
„Wie die Theologie den Menschen entzweit
und entäußert, um dann das entäußerte
wieder mit ihm zu identifizieren, so vervielfältigt
und zersplittert Hegel das einfache, mit sich identische Wesen der
Natur und des Menschen, um das gewaltsam Getrennte dann wieder gewaltsam zu
vermitteln.“[4]
Und wie kommt Hegel aus diesem Zwiespalt heraus? Doch nur dadurch, dass er das
Prädikat zum Subjekt und das Subjekt zum Prädikat macht – alles Hinweise
darauf, dass Hegel „nicht Ernst mit der Überwindung der Gegensätze“ machen
will?[5]
Was
also ist zu tun?
Die
Verselbständigung des Begriffs zugunsten einer Verselbständigung der Natur
umkehren. Also „Verkehrung der realen Subjekt-Objekt- oder
Subjekt-Prädikat-Beziehungen“ durch Anwendung der „Umkehrmethode“[6].
Das ist die Lösung! Marx macht sie sich „ohne jeden Vorbehalt“[7] zu
Eigen, wechselt von der hegelschen zur „Feuerbachschen Dialektik“[8],
wird zum „Feuerbachianer“.
Ausgerüstet
mit der „Umkehrmethode“ macht sich Marx im Sommer 1843 daran, anhand der
„Grundlinien der Philosophie des Rechts“ die praktische Philosophie Hegels
einer Kritik zu unterziehen. Eine Schrift entsteht, von der aber nur – und auch
hier nur unvollständig – jener Teil überkommen ist, der sich auf den Staat
bezieht. Zur Veröffentlichung gelangt nur eine ihr zugedachte „Einleitung“.[9]
Extrapoliert
man den vorhandenen Text nach vorn und nach hinten, könnte man seine
Vorgehensweise etwas respektlos so charakterisieren:
Frisch
zu Feuerbach konvertiert stellt er die „Rechtsphilosophie“ auf den Prüfstand
„Umkehrmethode“. Stück für Stück klappert er die Paragrafen ab. Und siehe da:
nahezu Paragraf für Paragraf fällt Hegel durch. Und man spürt, dass Marx von
Paragraf zu Paragraf ungeduldiger und
ärgerlicher wird. Die Wortwahl wird immer respektloser, je weiter er kommt. Mit
Wendungen wie „obrigkeitlicher Sinn“, „bis zur Servilität“, „mittelaltriger
Standpunkt“, „wirklich ekelhaft“, „zoologische Anschauungsweise“ macht er
seinem Unmut Luft. Und schließlich, kurz vor dem Ende, wirft er den Packen hin.
„O Jerum“!
Was
hat ihn bewogen, das Projekt aufzugeben? Ein Jahr später, in der Vorrede zu den
„Ökonomisch-philosophischen Manuskripten“ des Jahres 1844, äußert er sich dazu
wie folgt:
„Ich
habe in den ‚Deutsch-Französischen Jahrbüchern‘ die Kritik der Rechts- und
Staatswissenschaft unter der Form einer Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie angekündigt. Bei der Ausarbeitung zum
Druck zeigte sich die Vermengung der nur gegen die Spekulation gerichteten
Kritik mit der Kritik der verschiedenen Materien selbst durchaus unangemessen,
die Entwicklung hemmend, das Verständnis erschwerend. Überdies hätte der
Reichtum und die Verschiedenartigkeit der zu behandelnden Gegenstände nur auf
eine ganz aphoristische Weise die Zusammendrängung in einer Schrift erlaubt,
wie ihrerseits eine solche aphoristische Darstellung den Schein eines
willkürlichen Systematisierens erzeugt hätte.“
Es
ehrt Marx, damit – wenn auch verklausuliert – eingestanden zu haben, dass er
zum damaligen Zeitpunkt keine Arbeit hätte abliefern können, die Hegel gerecht
geworden wäre.
Der
Herausgeber der MEW merkt dazu an:
„Von
diesen Erwägungen ausgehend, kam Marx damals zu der Schlussfolgerung, dass es
zweckmäßiger wäre, eine Kritik des
Rechts, der Moral, der Politik usw. in Einzelbroschüren zu veröffentlichen und
dies alles durch eine zusammenhängende Arbeit, die eine Kritik an der
idealistischen, spekulativen Philosophie enthalten sollte, abzuschließen.“
Dieser Plan sei abgeändert worden. Die abschließende Arbeit, die „Kritik an der
idealistischen, spekulativen Philosophie“ sei in den Schriften „Die Heilige
Familie“ und „Die Deutsche Ideologie“ vorgezogen und erledigt worden.[10]
Ist
das so?
Die
nachfolgenden Ausführungen verstehen sich auf dem Hintergrund der drängendsten
Frage unserer Zeit, der Frage unseres Verhältnisses zur Natur. Sie sollen
zeigen, dass Marx dazu beitrug, Hegels Grundaussage in Misskredit zu bringen,
ja vergessen zu machen, dass nach Untergang des „naturwüchsigen Gemeinwesens“[11]
und Geburt der bürgerlichen Gesellschaft ein Staat notwendig wird, dessen
Aufgabe es ist, beide Naturen, die „vorgefundene“ und die menschgeschaffene
oder „produzierte“, zu vermitteln.
Eine andere Weise
der „Vermittlung“
„Heilige Familie“ und „Deutsche Ideologie“:
Im
Streit mit den Junghegelianern festigen Marx/Engels ihren eigenen
philosophischen Standpunkt. Was beide Parteien eint: Hegels Philosophie nutzbar
zu machen, um der „neuen Weltform“
bürgerliche Gesellschaft ein politisches Gesicht zu geben. Wie dies seitens der
Junghegelianer geschieht, zeigen die Beiträge in der der von Bruno Bauer
herausgegebenen „Allgemeinen Literatur-Zeitung“. F. Engels aus der Rückschau
des Jahres 1886 und anhand ihrer Hauptvertreter Strauß und B. Bauer. „[J]eder
[nimmt] eine ihrer Seiten heraus und [kehrt] sie polemisch gegen die andere.“
Das sei grundfalsch, weil konzept- und
orientierungslos. Denn bei aller Kritik: damit operieren sie weiterhin innerhalb
des „Systems“. Marx/Engels hingegen halten es mit Feuerbach. Dieser „durchbrach
das System und warf es einfach beiseite“[12].
Nebenbei
bereinigen sie den Schwachpunkt Feuerbachs: Dessen „überschwängliche
Vergötterung der Liebe“[13]! Für Marx steht fest: Da schreckt einer vor
den praktischen Folgen seiner Philosophie zurück. Hier ist die „Umkehrmethode“
nicht zu Ende gebracht; hier besteht Korrekturbedarf.
Die
„Liebe“, die Feuerbach als einigendes Band zwischen Mensch und Mensch, aber
auch zwischen Natur und Natur stellt, ist nichts weiter als „irdisch“ gemachter
„objektiver Geist“, also ein Rest des „Systems“. Aber nicht diese „Liebe“ prägt
ihr Verhältnis zueinander, sondern der Kampf. Und so ersetzt Marx die „Liebe“
durch den Kampf. Die „Thesen über Feuerbach, geschrieben im Frühjahr 1845,
zeigen es: Jetzt hat Marx beide überwunden, Hegel und Feuerbach. Er hat die
Methode beider für die Praxis gewonnen -
für die Praxis des Klassenkampfes.
Und
was bleibt von Hegel? Seine „Methode“.
Aber
Hegels Methode nötigt dazu, ständig zwei Sichtweisen einzunehmen:
-
Die
Sicht der Teile auf das Ungeteilte bzw. Ganze;
-
Die
Sicht des Ganzen auf die Teile.
Das
„gestaltlose“ Ganze und die „gestalthaften“ Teile: sie ergeben zusammen das
„Wirkliche“.[14]
Sie
gehören zusammen wie Haupt und Glieder. Jetzt aber sind Hegel und seine Philosophie enthauptet. Und das Band ist
zerrissen, das „primäre“ und „produzierte“ Natur bisher einte.
Da
aber das „gestaltlose“ Ganze für Feuerbach und Marx nichts als „Mystik“ ist und
für sie nur die Teile Existenz haben,
müssen sie das scheinbar überirdische Subjekt der Vermittlung durch ein
irdisches, das gestaltlose durch ein gestalthaftes Subjekt austauschen. Das geschieht, indem sie einem der
Teile, nämlich dem tonangebenden, die Fähigkeit der „Vermittlung“ zuordnen. Und
tonangebend ist jetzt die „produzierte“ Natur. Wo Hegel „vermittelt“, um die
Belange des „Ganzen“ gegenüber den Teilen geltend zu machen, ist jetzt eine
„Vermittlung“ installiert, die das „Ganze“ ausspart. „Vermittlung“ ja, aber nur
der Teile untereinander. Allerdings gehört zu ihr, dass die Stellung der sich
gegenüberstehenden Teile „keine gleiche“[15]ist. Das eine Teil steht nun über dem anderen. Ein Teil macht das
andere Teil botmäßig. Damit ist die „Vermittlung“ für die Belange innerhalb der
bürgerlichen Gesellschaft produktiv gemacht; auf allen Ebenen sind die dortigen
Teile ihr ausgesetzt.
Die
Vermittlung ist zum Instrument des Kampfes gemacht.
Der
„Mensch“ nimmt den Platz des „objektiven Geistes“ ein. Aber nicht der „liebende“
Mensch. Marx geht weiter: Gut und
richtig, dass jetzt die „menschliche“ Natur zur Herrschaft gelangt. Aber ihr
Problem: sie muss erst noch menschlich gemacht werden; nicht zuletzt auf Kosten
der „primären“ Natur. Und wie und durch wen? Durch den Kampf;
er ist die Triebkraft, die die Geschichte voran bringt.
Der
historische und dialektische Materialismus ist geboren. Am Ende dieser Zeit und
dieser Schriften glauben Marx/Engels,
mit ihm beide, Hegel und Feuerbach,
hinter sich gelassen zu haben.
Die
Entbindung vom objektiven Geist Hegels wie auch von der „Liebe“ Feuerbachs
macht die Methode bindungslos. War diese bei ersteren Mittel zu einem
bestimmten Zweck, wird sie von Marx von diesem bestimmten Zweck entbunden und
zum Mittel für beliebige Zwecke, zur „Mehrzweckwaffe“ gemacht. Nutzten erstere
die Methode, um von der Warte „objektiver Geist“ bzw. „Liebe“ die jetzigen
Gegensätze zu vermitteln, so nutzt Marx sie dazu, den Gegensatz
auszufechten.
Hinzu
kommt:
Im
Focus der Marrxschen Vermittlung steht die Welt der Lohnarbeit und des
Kapitals. Sie ist das jetzige „Substantialitätsverhältniss“; also
„Notwendigkeitsverhältniss“.[16]
Noch
sind Kapital, Kapitalist und Bourgeoisie
Träger der „historischen Mission“. Noch kommt ihnen zu, das Allgemeine zu
vertreten. Ist die Zeit reif, geht die historische Mission auf die Gegenseite
über, wird zur historischen Mission der Lohnarbeit und des Proletariats.
Politisch gesehen: Die Diktatur der Bourgeoisie weicht der Diktatur des
Proletariats.[17]
Der
Schwerpunkt ist ausgetauscht. Der Kontext ist ein anderer. Was aus der Sicht
Hegels Notwendigkeit und Vernunft gebieten, wird jetzt als Gängelei der
bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Mitglieder zum Vorteil einer überlebten
Ordnung und ihrer Nutznießer entlarvt und an den Pranger gestellt. Der
hegelsche Staat? Aus der Perspektive Feuerbachs und nun auch aus der des jungen
Marx ein Gebilde, in dem „ganz verschiedene Prinzipien karambolieren“[18]
und zur künstlichen Einheit geführt werden. Das eine Prinzip, glaubt er, gehöre
der Vergangenheit an und habe jetzt, nach Emanzipation der bürgerlichen
Gesellschaft, sein Existenzrecht verloren. Insoweit Hegel sich darauf stützt,
hofiert seine Staatsphilosophie die „mittelaltrig-ständischen“ Elemente[19].
Das „ist schlechtester Synkretismus“, schlimmer noch: Ausdruck des „bösen
Gewissens“[20].
Was Deutschland an „Staat“ nötig hat, zeigen Frankreich und England. Dort
existiert bereits, was auch im verspäteten Deutschland auf der Tagesordnung
steht: bürgerliche Gesellschaft und Parlamentsstaat. Der Staat, dessen
Vermittlungstätigkeit in den §§
257 ff. seiner „Rechtsphilosophie“ entfaltet wird, wird aus ihrer Sicht zum
unentschuldbaren Kniefall Hegels vor seinem
Dienstherrn.
Wie vom Erdboden
verschluckt: Das „Gemeinwesen“
Hegel
lebt in einer Zeit des Umbruchs. Vor
seinen Augen haucht auch im verspäteten Deutschland das „naturwüchsige
Gemeinwesen“, dieser Zusammenschluss beider Naturen bei Vorherrschaft der
„primären“ Natur, seinen Geist aus – und mit ihm seine Institutionen. Das ist
die Stunde der „produzierten“ Natur. Sie wird frei und gibt sich einen Namen:
bürgerliche Gesellschaft. Ein Ereignis erster Ordnung. Das Ende der
Vorgeschichte. Und scheinbar verbindet es sich mit einer „Umkehrung“: herrschte
bisher die „primäre“ Natur vor, so nun die „produzierte“.
Eine
„vom ‚Staat‘ unterschiedene neue Weltform“[21]nimmt
den Platz des „Gemeinwesens“ ein. „Es
ist hier nun nicht mehr der politische Staat als zwei entgegengesetzte Wesen
vorhanden, sondern auf der einen Seite steht der politische Staat (Regierung
und Fürst) und auf der andern die bürgerliche Gesellschaft in ihrem Unterschied
vom politischen Staat. Damit ist auch der politische Staat als Totalität
aufgehoben.“[22]
Hatte
der bisherige Staat seinen Grund im „naturwüchsigen“ Gemeinwesen, so scheint
seine weitere Existenz jetzt grundlos geworden zu sein. Auf der Tagesordnung
scheint ein Staat neuen Typs zu stehen: der „Gesellschaftsstaat“.
Wie
reagiert die Philosophie darauf?
Sie
scheint als klassische Philosophie, als Philosophie des „Gemeinwesens“, an ihr
Ende gelangt zu sein. Was stattfindet, diese „Umkehrung“, wird von ihren
Vertretern mehrheitlich nicht nur hingenommen, sondern bejaht und als
„Freiheit“ gefeiert. Ihr bisheriger Gegenstand „Gemeinwesen“ wird ausgetauscht
gegen die Gegenstände „Gesellschaft“ und
– soweit die „primäre“ Natur jetzt nicht generell den
Naturwissenschaften überantwortet wird – „äußere Natur“. Ein Austausch, der
Marx zur Unterscheidung in einen „historischen“ und einen „dialektischen“
Materialismus führt.
Der
einheitliche Gegenstand geht verloren. Die Philosophie spiegelt wider, was in
der Praxis geschieht: die Auflösung des Verbundes beider Naturen.
Nun,
da das/dieses „Ganze“ gestrichen ist, stehen wir vor seinen Teilen, die als
„Totalitäten“ oder „Extreme“ wahrgenommen werden. Und wenn man sich an Marx
hält gilt für sie: „Wirkliche Extreme
können nicht miteinander vermittelt werden, eben weil sie wirkliche Extreme
sind.“[23]
Was
zwischen ihnen stattfindet ist bloße Wechselwirkung. Aber von ihr sagt Hegel,
dass sie die „Forderung der Vermittlung … unbefriedigt“[24]
lässt?
Die
„Vermittlung“ ist nicht aus der Welt – auch für Marx nicht. Aus der Welt ist
für ihn nur die alte, vom „Ganzen“
ausgehende, Art; sie wird ersetzt durch die „übergreifende Vermittlung“.
Damit
bricht er mit Hegel. Was sich jetzt vollzieht ist aus dessen Sicht nicht der
Übergang von einem „naturwüchsigen Gemeinwesen“ zu einer von der „primären“
Natur abgetrennten Gesellschaft, sondern der Übergang von ersterem zu
einer/seiner „Vernunftgestalt“. Nur das „naturwüchsige“ „Gemeinwesen“ verlässt die Geschichte, nicht
das „Gemeinwesen“ selbst. Was bisher durch „Blut und Boden“ vermittelt wurde,
wird jetzt durch die Vernunft vermittelt. Ein Gemeinwesen steht auf der
Tagesordnung,, das sich weiterhin als die Einheit zweier Naturen versteht, aber
keine Vorherrschaft kennt. Weder die der einen, noch der anderen Natur. Ein Gemeinwesen des
Miteinanders. Allerdings stellt es sich nicht von selbst her, nicht
„naturgesetzlich“. Es muss gewollt sein;
es muss als „vernünftige Institution“
von uns hergestellt werden.
Was
bislang über den „Organismus“ biologisch
geeint war, ist jetzt über das „System“ logisch
geeint. „Vernunft“ statt „Blut und
Boden“.
Hegel
bleibt ungehört. Statt die bisherige Geschichte der Vorherrschaft einer Natur
vor der anderen in eine Geschichte ihres Miteinanders zu überführen, wird jetzt die Geschichte fortgesetzt als die
Geschichte nur der einen Natur. Das heißt aber, dass die bisher einheitliche Welt
„halbiert“ wird; halbiert in „Subjekt“ und „Objekt“. Die Welt ist jetzt, als
„Gesellschaft“, die von der „primären“ Natur abgeschiedene Welt (nur) des
Menschen. Damit ist die „primäre“ Natur entsubjektiviert. Die Freiheit der
„produzierten“ Natur gerät ihr zur Unfreiheit. Sie wird Objekt der Ausbeutung.
Ihr widerfährt jetzt, was Marx so umschreibt: „Also Explorieren der ganzen
Natur … Exploration der Erde nach allen Seiten“[25].
Vernunft!
Nur sie kann verhindern, dass die „primäre“ Natur zum Untertan gemacht, dass
sie nach Belieben geplündert und zerstört, dass sie der Gier der „produzierten“
Natur und ihrer Mitglieder ausgeliefert wird. Die „primäre“ Natur darf nicht Freiwild werden. Denn wahr ist und
bleibt, dass sie die Grundlage alles Lebens ist. Mag es auf dem ersten Blick
auch so aussehen, als würde eine ausgleichende Gerechtigkeit walten. Aber die
Umkehrung des Verhältnisses ist grundfalsch; sie widerspräche auch dem
längerfristigen Interesse der „produzierten“ Natur.
Aber
„Vernunft“ passt nicht in das jetzt vorherrschende Weltbild, auch nicht in das
von Marx. Hegel stößt auf Unverständnis, ja auf erbitterten Widerstand. Während
die Mehrzahl seiner Kritiker deshalb den ganzen Hegel verwirft, erkennt Marx
wenigstens den Wert seiner „Methode“, trennt sie von dem „unwertigen“ System
und macht sie zur Methode seines
historischen und dialektischen Materialismus. Klassenkampf ist der
Kampf der Zeit. Der Kampf der Naturen ist hingegen für alle Zeiten zugunsten
der „produzierten“ Natur entschieden. Eine Folge: Der „Gemeinwesenstaat“ Hegels ist tot und begraben. Nichts ist überflüssiger und störender
als er. Nur Gestrige halten an ihm
fest. Der Blick ist auf England, auf
Frankreich, auf die USA gerichtet. Dort hat er sich längst etabliert – der
„Gesellschaftsstaat“. Dorthin muss auch Deutschland gelangen. Aber Hegel? In
seiner „Reformbill-Schrift“[26]
äußert er sich deutlich genug. Was sich dort als Staat ausgibt, sind für ihn
bloße „Not- und Verstandesstaaten“.
Hegel
„will, dass das ‚an und für sich Allgemeine‘, der politische Staat, nicht von
der bürgerlichen Gesellschaft bestimmt wird, sondern umgekehrt sie bestimmt.“[27]
Doch das „Allgemeine“ hat jetzt keinen Fürsprecher mehr – nicht in der Theorie,
schon gar nicht in der Praxis. Auf allen Ebenen des menschlichen Daseins führt
die „Umkehrmethode“ dazu, dass der Zusammenhang mit der „primären“ Natur
gekappt wird.
Fazit:
Die
„menschliche“ Natur und der „menschliche“ Mensch Feuerbachs gehen aus der
Verleugnung der „vorgefundenen“ Natur und des „tierischen“ Menschen hervor. Die
Folge: eine Halbierung der Wirklichkeit, die sich paart mit einer Verdoppelung
der Untersuchungsgegenstände.. Letztere werden aus ihren Zusammenhängen
gerissen, von ihrer Herkunft getrennt. Ihr Gemeinsames gerät in Vergessenheit.
Und wurde Hegel ein „erdichtetes“ Ganzes zugeschrieben, so geht es jetzt darum,
den Teilen Herkunft und Eigenschaften anzudichten, die konform
gehen mit den jetzigen „gesellschaftlichen“ Zuständen. Auf der Ebene der
Allgemeinheit ist es der Staat beider Naturen, dem auf diese Weise der Boden
entzogen und der durch den „Gesellschaftsstaat“ ersetzt wird. Und wo ein Gierke[28]
den Nachweis erbringt, dass die Unternehmung ihrem Stamm in der „Wirtschaftsfamilie“ hat, steuert Marx
einen Beitrag bei, der die Herkunft der modernen kapitalistischen Unternehmung
aus der Zirkulation belegen soll.[29].
„Umkehrung“.
So ist es und so bleibt es.
Kurswechsel in
Sachen Natur
a) Natur
und Naturrecht
Gewinner
der „Umkehrmethode“ ist die „produzierte“ Natur und der Mensch als „Person“.
Verlierer ist die „primäre“ Natur und der Mensch, soweit er Teil von ihr ist.
Das einigende Band ist durchschnitten. Waren beide bisher je Subjekt/Objekt
einer „Einheitsnatur“, so wird aus der „produzierten“ jetzt das alleinige
Subjekt und aus der „primären“ Natur das alleinige Objekt. Übertragen auf das
Recht, dass sich ja als das Recht der Natur, als Naturrecht, versteht: Alles
Recht ist jetzt das Recht der „produzierten Natur. Sie muss nicht mehr
mit der „primären“ Natur teilen; sie ist jetzt alleiniges Rechtssubjekt.
Ein
neuer Begriff von „Recht“ ist geboren.[30]
Was
aber im Großen, auf der Ebene der Naturen, ein Verlust ist, wird auf der Ebene
des Menschen als die große Errungenschaft gefeiert. Denn da der real
existierende Mensch unteilbar ist, scheint er der Gewinner zu sein, weil nun
der ganze Mensch dieser Natur, die jetzt das Sagen hat, zugeschlagen wird.
Jeder Mensch ist jetzt Person; „Person“ steht jetzt für „Mensch“. Halleluja!
Das
bisherige Naturrecht, das Recht beider
Naturen, ist vom Sockel gestoßen. Das Recht ist auf die „produzierte“ Natur
übergegangen. In Abgrenzung vom bisherigen, dem „älteren“, Naturrecht spricht
man daher jetzt von dem „jüngeren“ Naturrecht.
Da
bisher das Verhältnis beider Naturen im Mittelpunkt stand, dieses Verhältnis
nun aber kein Rechtsverhältnis mehr
ist, tritt die Natur selbst in den Hintergrund. Handelnde Objekte der
„primären“ Natur sind ihre Mitglieder, die „Personen“. Sie gebrauchen das
Recht. Warum bei dieser Sachlage
überhaupt noch von „Naturrecht“ reden? Es ist daher nur konsequent, wenn der
Begriff jetzt überhaupt fallengelassen wird. Das Recht der „produzierten“ Natur
ist das Recht ihrer Atome; diese sind jetzt die Rechtssubjekte. Auf sie ist das
Recht übertragen, die andere Natur zum Objekt individueller Aneignung, damit
auch zum Rechtsobjekt zu machen.
Statt
Naturrecht nun Recht - eine Verkürzung, die in Deutschland maßgeblich auf
Savigny[31]
zurückgeht. „Recht“ meint jetzt die Summe der Rechtsverhältnisse, die die Atome
der „produzierten“ Natur untereinander eingehen. Was eben noch „ Naturrecht“
hieß, ist jetzt das bürgerliche Recht. Die frühere „Rechtsstellung“ beider
Naturen im Rahmen einer „Einheitsnatur“ ist beseitigt. An ihre Stelle sind das
Recht hier und die Pflicht dort getreten; alle Rechte sind hier, alle Pflichten
dort konzentriert.
Und
Marx; billigt er die Umkehrung des Verhältnisses der beiden Naturen zueinander?
Ein
weiteres, ebenfalls mehr der
Selbstverständigung dienendes als zum Druck gedachtes Werk entsteht: die
Ökonomisch-philosophischen Manuskripte des Jahres 1844[32].
Hier ist viel von Natur die Rede. Allerdings von jener „menschlichen Natur“,
die Marx von Feuerbach übernommen hat. Von einer Natur also, die den
Unterschied zur Natur der Tiere betont. Auf diese Natur bezogen,
fragt Marx: Ist sie auch tatsächlich menschlich organisiert? Nein! Dazu muss
sie im Rahmen einer revolutionären Umgestaltung erst gemacht werden.
Wer
übersieht, dass Marx den verengten Naturbegriff
Feuerbachs verwendet, missdeutet seine Aussagen so, als ergreife er
Partei für die „primäre“ Natur bzw. als ginge es ihm und dem bereits in den
Blick genommenen Kommunismus um die Aussöhnung des Menschen mit dieser Natur.
Prominentes Beispiel: E. Bloch. Mitte
der 50-er Jahre des 20. Jahrhunderts waren ihm die Aussagen in den ÖPM Grund,
Marx zu einen Vordenker der modernen
Naturfrage zu erklären und an die Führung der jungen DDR zu appellieren, von
dem ausbeuterischen Verhalten auch der neuen Gesellschaft gegenüber der
„primären“ Natur abzulassen.
Wie
ein Mann wenden sich seine parteitreuen Kollegen[33]
gegen ihn:
„Freilich,
häufig finden wir bei den Marxisten Formulierungen wie z.B. ‚Die Natur rächt
sich‘ oder ‚Die Natur hat selbst den Reichtum geschaffen‘: Ein Vertreter des
dialektischen und historischen Materialismus wird daraus nie folgern, es handle
sich hier um einen von der Natur bezweckten, auf die menschliche Produktion
bezogenen Prozess.“ Zu interpretieren seien solche Aussagen wie folgt: Der
Architekt darf nicht die Gesetze der Statik, der Techniker darf nicht die
Gesetze der Mechanik verletzen – sonst rächt sich die Natur. Nicht aber dürfen
sie verstanden werden in dem Sinne, dass die Natur sich generell für ihre
Inanspruchnahme durch den Menschen rächt. Wenn Bloch also auch der
sozialistischen Gesellschaft ein „ausbeuterisches bzw. „kapitalistisches“
Verhältnis zur Natur unterstellt, so ist ihm entgegenzuhalten: Dieses Verhalten
ist das „einzig mögliche reale Verhältnis zur Natur.“[34]
Solche
Rüffel und Belehrungen, gepaart mit den zum Einsatz gebrachten administrativen
Mitteln, markierten bekanntlich das Ende
der Laufbahn Blochs als DDR-Wissenschaftler.
Aus
der Sicht der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit geschah Bloch damals Unrecht.
Aber wer hatte in der Sache recht?
Auch
die ÖPM, auf die sich Bloch stützt, entstanden unter dem Eindruck und in
Anwendung der „Umkehrmethode“. Zwar heißt es dort u.a:
„Die
Natur ist der unorganische Leib des
Menschen“. Aber schon im Nebensatz schränkt er ein: „soweit sie nicht selbst
menschlicher Körper ist.“[35]
Gesagt ist damit, dass die „primäre“ bzw. „vorgefundene“ Natur menschlicher
Leib nur im biologischen, nicht jedoch im ökonomisch-philosophischen Sinne ist.
Der
Anschlusstext zeigt, was überwiegt, was den Ton angibt:
Der
Mensch erzeugt aus dem Material der „primären“ Natur eine eigene, seiner
Gattung gemäße, Natur; eine Natur, in der sein Gattungsleben vergegenständlicht
ist.[36]
Sie
also steht im Vordergrund: die menschgeschaffene Natur. „Nur der durch
menschliche Arbeit bedingten Natur, nicht der Natur an sich, galt sein
Interesse“[37].
Was Marx an dieser Natur aber bemängelt: Sie ist derzeit kapitalistisch, also
unmenschlich organisiert. Sie muss erst menschlich gemacht werden. Und er weiß
bereits wie: Durch Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und
Beseitigung der Ausbeutung fremder Arbeitskraft. Das ist für ihn
durchgeführter Naturalismus des
Menschen, der so zum durchgeführten Humanismus der Natur führt.
So
ist es auch mit anderen Passagen, die auf die Naturfrage Bezug nehmen. Richtig
ist nur, dass der junge Marx der ökologischen Problematik insofern noch näher
steht als der spätere Marx, der sich „irdischen“ Ersatz für diel vermeintlich
„überirdischen“ Bezugsgrößen der Hegelschen Philosophie geschaffen hat, als er
Hegel noch nicht überwunden hat. Was wir hier, in den ÖPM, finden sind also
Atavismen, die sich geltend machen, weil er die
„Umkehrmethode“ noch nicht konsequent genug zu handhaben weiß.
b) Die
Natur als „Proviantkammer“
Der
„Stoffwechsel“ von Natur zu Natur, dieser Austausch ohne Gegenleistung, tritt
in eine neue Phase; er steigert sich zum Raubbau an der „primären“ Natur.
Dagegen
hat Marx nichts einzuwenden.
Im
„Kapital“ bezeichnet er die Erde als die „Proviantkammer“ des Menschen. „Die
Erde …, wie sie den Menschen ursprünglich mit Proviant, fertigen Lebensmitteln
ausrüstet, findet sich ohne sein Zutun als der allgemeine Gegenstand der
menschlichen Arbeit vor. Alle Dinge, welche die Arbeit nur von ihrem
unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erdganzen loslöst, sind von Natur
vorgefundne Arbeitsgegenstände. So der Fisch, der von seinem Lebenselement, dem
Wasser, getrennt, gefangen wird, das Holz, das im Urwald gefällt, das Erz, das
aus einer Ader losgebrochen wird.“[38] Äußerungen wie diese trägt Marx vor, ohne dass er eine kritische Distanz erkennen lässt. So
ist es eben. Dazu ist die Natur da. Der Atheist Marx nimmt hier einen ganz und
gar alttestamentarischen Standpunkt ein
Der
Mensch verproviantiert sich ohne zu bezahlen! Er bezahlt nur für die
Auffindung, Bergung und nachfolgende
Verarbeitung – nicht für den „Naturstoff“ selbst.. Zweck des
Produzierens ist es, den Reichtum der einen zum Reichtum der anderen Natur zu
machen. Nur das unterscheidet die
kommunistische von der kapitalistischen Art der Naturaneignung: Zugute kommen
sollen ihre Resultate nicht nur einigen, sondern allen Menschen[39].
Wird
der Kapitalist also reich, weil er die Natur plündert oder deshalb, weil er die
Arbeitskraft seiner Arbeiter ausbeutet?
Es
gehört zur „Umkehrmethode“, dass auch die sozial-ökonomische Kategorie
„Ausbeutung“ von der „Gemeinschaft“ in die „Gesellschaft“ verlegt und damit zu
einem rein innergesellschaftlichen Problem gemacht wird. Die Nutzung des Menschen
als „lebendiges Arbeitsinstrument“[40]
über die „Lohnarbeit“ wird zum
Generalfall der Ausbeutung erhoben. Darauf bezieht sich eines der Herzstücke
der Marxschen Lehre, die Mehrwerttheorie. Sie stellt die menschliche
Körperkraft in die Mitte. Und zweifellos nimmt die körperliche, in der Fabrik
verausgabte, Arbeit und ihre Ausbeutung damals und noch bis weit in das 20.
Jahrhundert hinein, eine zentrale Rolle ein. Aber was ist mit der Arbeit, die
der Erfinder, der Konstrukteur leistet? Welche Bedeutung hat die Arbeit, die
bei der Planung, bei der Organisation, bei der Leitung der Produktion
verausgabt wird? Was ist mit der Arbeit, die fernab der unmittelbaren
Produktion geleistet wird, etwa die des Lehrers?
Wie
anders geht hingegen Hegel an das Thema heran! Er fasst unter „Arbeit“ alle
„Geschicklichkeiten“[41],
die, unabhängig von ihrer Nähe oder Ferne zur unmittelbaren Produktion, im
Rahmen des gesellschaftlichen „Gesamtarbeiters“ zum Einsatz kommen. Und gibt ihm darin nicht
unser heutiger Zustand recht, der mehr und mehr davon geprägt ist, dass die in
der unmittelbaren Produktion zu leistende Arbeit von Robotern erbracht wird.
Spätestens wenn dort nur noch der Roboter arbeitet, wird sich die Frage
stellen: Wer erzeugt jetzt den Mehrwert?
Nur
für jene Naturkraft, die als „Lohnarbeit“ zum Einsatz kommt, soll gelten, dass
sie selbst Wert hat und „Mehrwert“
hervorbringt. Ihre Ausbeutung unterliegt Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Wenigstens soviel muss für sie gezahlt
werden, um ihren Bestand zu sichern. Hier ist die Grenze gesetzt; eine Grenze,
die Marx den Kräften der „primären“ Natur
nicht zubilligt. Ihr Wert ist in seinem ökonomischen Rechenwerk mit Null
angesetzt.
Der
von Marx übernommene enge und durch die Automatisierung der Produktionsabläufe zunehmend
unglaubhaft gewordene Begriff von „produktiver Arbeit“ geriet zunehmend auch in
Erklärungsnot, als sich weltweit das Bewusstsein davon verdichtete, dass die
Ausbeutung der Natur langsam aber sicher Dimensionen erreicht, die den
Fortbestand der Schöpfung infrage stellt. Von daher scheint es kein Zufall zu
sein, dass der Marxismus als ideologische Basis eines Gesellschaftsmodells
seinen Kredit verspielt, als die Umweltfrage sich machtvoll in das Bewusstsein
der Massen drängt. Und wenn auch das Denken und Handeln in den
bürgerlichen Gesellschaften des Westens
der Bedeutung des Problems nicht gerecht wird, so steht einem entschiedenerem
Handeln dort nicht jenes Ausmaß an ideologischer Verbohrtheit im Wege wie in
den Ländern des realen Sozialismus. Man kann so sagen: hier wurde die
„Umkehrmethode“ ernst genommen. Not und Ideologie, diese unheilvolle Paarung,
führte zu einer in Europa beispiellosen Plünderung der Natur. Die
Dogmatisierung eines Arbeits- und Leistungsbegriffs,
der auf jene Arbeit und jene Leistung abstellt, die in der unmittelbaren
Produktion erbracht wird, führte dazu, dass der technisch-technologische
Abstand zu den Industriegesellschaften des Westens sich nicht verringerte,
sondern stetig größer wurde. Letzten Endes ging auch das zu Lasten der Natur.
Fassen
wir die Ausführungen unter a) und b) zusammen:
Wenn
auch in guter oder bester Absicht: Bloch lag falsch, als er Marx zu einem
Vorreiter der „Naturfrage“ machen wollte. Zu diesem Ergebnis gelangt auch A. Schmidt[42];
auch er zweifelt daran, dass Marx – jung
wie alt – zu den Vorläufern der ökologischen Fragestellung zu zählen ist. Nicht
zu übersehen seien beim jungen Marx zwar
„natur-romantische“ Aussagen. Diese seien aber später mehr und mehr
durch „ökonomiebetonte“ Aussagen verdrängt worden. . „Von einer ‚Resurrektion‘
der gesamten Natur ist bei ihm später nicht mehr die Rede.“[43]
Er fasst zusammen: Was die im frühen und mittleren Marx „angelegte
Naturspekulation genannt worden ist, stellt nichts anderes dar als den sein
gesamtes Werk durchziehenden Versuch, in immer neuen und zum Teil merkwürdig
biologischen Metaphern die wechselseitige Verschränkung von Natur und
Gesellschaft innerhalb des naturalen Ganzen auf den Begriff zu bringen. Den im
‚Kapital‘ sich identisch durchhaltenden Ausdruck ‚Stoffwechsel‘ scheint Marx
schließlich für die beste Formulierung gehalten zu haben.“[44]
In
der Sache hatten Blochs Kritiker recht. Marx war nicht der, zu den Bloch ihn
machen wollte. Er ist kein Naturfreund
im Sinne der ökologischen Fragestellung. Wenn in den Frühschriften die
Naturfrage anklingt, denn mehr als Restbestand alten Denkens. Denn schon hat
sich Marx entschieden. Er hat „ohne jeden Vorbehalt die diesbezüglichen
Hinweise der ‚Vorläufigen Thesen zur Reform der Philosophie‘ in seine Kritik des
Hegelschen Staatsrechts (von 1843) aufgenommen.“[45]Die
Entfernung von Hegel zeigt sich in seinem Werk eher als eine Wegbewegung von
der ökologischen Fragestellung. Der „reife“ Marx hat sie hinter sich gelassen.
Er lässt F. Engels für sich sprechen: Natur? Davon gibt es auf lange Zeit
genug. Vereinzelten Hinweisen auf die Endlichkeit ihrer Ressourcen waren ihm
„konservative Vorbehalte“, denen er entgegensetzt: „Wir befinden uns jedenfalls noch ziemlich
weit von dem Wendepunkt entfernt, von wo an es mit der Geschichte der
Gesellschaft abwärtsgeht“.[46]
Die
Ökonomie der „produzierten“ Natur ist jetzt in einem nie gekannten Ausmaß von
der „primären“ Natur und deren Nutzung abhängig. Gleichzeitig ist letztere
rechtlos gemacht. Ökonomie und Recht fallen auseinander. In den „Grundrissen“
ist diese Sachlage mehrfach als
Fragestellung, als abzuarbeitendes Problem angesprochen.
„Der
eigentlich schwierige Punkt, hier zu erörtern, ist aber der, wie die
Produktionsverhältnisse als Rechtsverhältnisse in ungleiche Entwicklung treten.
Also z.B. das Verhältnis des römischen Privatrechts … zur modernen Produktion.“[47]
Leider
bleibt dieser „schwierige Punkt“ weitgehend unbearbeitet.
„Umkehrmethode“ und Staat
Mit
dem Wechsel vom „Gemeinwesen“ zur „Gesellschaft“, mit dieser „Umkehrung“ und
„Halbierung“, verbindet sich auf allen Ebenen des Daseins eine Neuordnung der
Institutionen. Hauptbetroffene: „Staat“, „Wirtschaftsfamilie“ und „Mensch“.
Beschränken wir uns auf den Staat. Gehen wir der Frage nach, was Marx zu ihm zu
sagen hat, nachdem er zu seiner eigenen Methode gefunden hat. Und prüfen wir am
Kriterium „Praxis“, was sich im „realen Sozialismus“ an „Staat“ zeigte.
In
der DDR war es K. Polak, der aus aktuellem Anlass die Parole ausgab, Marx habe
im „18. Brumaire des Louis Bonaparte“ das „letzte Wort“ zum Staat gesprochen.[48]Der
aktuelle Anlass war der XX. Parteitag der KPdSU, der im sozialistischen Lager,
auch in der DDR, Hoffnungen geweckt hatte, u.a. die Hoffnung, dass nun die
Staatsfrage wieder diskutierbar geworden sei. Lud die Formulierung, der
Sowjetstaat sei dabei „Staat des ganzen Volkes“ zu werden, nicht dazu ein, z.B. das von Marx vorausgesagte „Absterben“ des
Staates beim Übergang von der sozialistischen zur kommunistischen Phase zu
thematisieren?
Die
Führung der DDR sah das nicht so. Sie setzte ein Stoppzeichen. Das geschah im
Februar 1958 in Babelsberg. Als Hauptakteure und „Marschbläser“ traten auf: W.
Ulbricht und – im Hintergrund - K. Polak.
Soweit
dazu.[49]
Der18.
Brumaire des Louis Bonaparte. Diese Schrift, von Marx geschrieben und
publiziert 1852, enthält eine Analyse der revolutionären Ereignisse im
Frankreich der Jahre 1848-1851. Wohin haben diese geführt? Was ist das für ein
Staat, dem Napoleon III. vorsteht? Und von welcher Position urteilt Marx über ihn?
Er
erwähnt die „ökonomischen Tatsachen“. Längst haben diese das
„Freiheitsgeschrei“[50]
aus der Zeit der ersten Revolution mundtot gemacht. Längst sind Diderot und
Rousseau zum Schweigen gebracht. Die jetzigen „Sprachführer“ der bürgerlichen
Gesellschaft sind die „Says, Cousins, Royer-Collards und Guizots“. Die jetzigen
„Heerführer“ sitzen „hinter dem Kontortisch“.[51]
Passt
der jetzige Staat zu diesen ökonomischen Tatsachen? Immerhin überführt der
Staatstreich den Staat einer lupenreinen
Bourgeoisie-Gesellschaft in einen Staat, der sich seiner Gesellschaft gegenüber
scheinbar verselbständigt hat.
Dieser
Staat ist der „Sieg Bonapartes über das Parlament, der Exekutivgewalt überhaupt
über die Legislativgewalt, der Gewalt ohne Phrase über die Gewalt der Phrase.“[52]
Er
ist die zum Staat erhobene Exekutivgewalt.
Aber
wenn jede Gesellschaft eine Klassengesellschaft ist. Auf welche Klasse stützt
sich dieser Staat?
Nun,
auch dieser Staat „schwebt … nicht in der Luft. Bonaparte vertritt eine Klasse,
und zwar die zahlreichste Klasse der französischen Gesellschaft, die
Parzellenbauern.“
Ihre
Besonderheit: Diese Parzellenbauern sind „unfähig, ihr Klasseninteresse im
eigenen Namen, sei es durch ein Parlament, sei es durch einen Konvent geltend
zu machen. Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden. Ihr
Vertreter muss zugleich als ihr Herr, als eine Autorität über ihnen erscheinen,
als eine unumschränkte Regierungsgewalt, die sie vor den anderen Klassen
beschützt und ihnen von oben Regen und Sonnenschein schickt.“[53]
Bonaparte
stützt sich auf eine Klasse, die selbst nicht herrscht, sondern für die
geherrscht wird. Er „repräsentiert nicht den revolutionären, sondern den
konservativen Bauern.“[54]
An
anderer Stelle bezeichnet er diese Klasse als „Mittelklasse“; Bonaparte ist ihr
Repräsentant und regiert „in diesem Sinne.“[55]
Natürlich
ist dieser Staat nicht der „vollständige und endgültige Triumph des
Sozialismus“, wie Guizot[56]
meint. Er hat rein gar nichts mit dem zu
tun, was Marx unter „Sozialismus“ versteht.
Und doch. Die Bemerkung Guizots
zielt auf etwas ab, was bisher fehlte und jetzt hinzu kommt: das
„sozialstaatliche“ Element.
Der
gerade gestürzte „Parlamentsstaat“ kannte es nicht. Er verstand sich als bloßer
Rechtsstaat und - ökonomisch gesehen – als wirtschaftsliberaler Staat; als
Staat einer Gesellschaft, in der der Proletarier zwar frei war, aber sonst
wenig zu lachen und zu beißen hatte. Aber
auf Dauer kann die bürgerliche Gesellschaft so nicht überleben[57].
Die reine Bourgeoisie-Herrschaft, ausgeübt durch ein Parlament, dessen
Abgeordnete infolge eines rigiden Zensus-Wahlrechts nur einen Bruchteil der
Bevölkerung repräsentiert, trägt den Keim der Selbstzerstörung in sich, ist
also nicht einmal im objektiven Interesse der dort Herrschenden. Deswegen und
weil ihr bereits eine organisierte Arbeiterklasse im Nacken sitzt, wird in den
Führungsstaaten des Kapitalismus das „sozialstaatliche“ Element „fällig“ und
auf die eine oder andere Weise dem reinen Rechtsstaat beigefügt.[58]
Was
Bonaparte installiert ist also ein Staat, der ein dringendes Bedürfnis der
französischen Gesellschaft befriedigt. Der Staat einer „indirekten Herrschaft
der besitzenden Klasse“[59].
Ein Staat, der sich den Anschein gibt, über den Klassen zu stehen.
Und
Marx? Er mag es schon damals geahnt haben: Der sozialstaatliche Kapitalismus
ist der Tod der Revolution. Deshalb steht er auf Seiten des gestürzten Staates.
Das sozialstaatliche Element? Nichts als
ein der Revolution abträglicher Fremdkörper. Ein satter Bauch revolutioniert
nicht gerne. Um wie viel schwerer wird es sein, das Proletariat zu
mobilisieren, wenn der Antrieb fehlt. Der wirtschafts-liberale Staat: Ein
Treibhaus für Revolution und Bürgerkrieg. Ein Staat, von dem es von daher nicht
genug geben kann. Deshalb favorisiert ihn der Marx dieser Zeit. Sein Credo: Je
mehr Liberalismus, je mehr Manchestertum, umso kürzer der Weg zur Revolution.[60]
Fünfzehn
Jahre trennen den „18. Brumaire“ und das „Kapital“. Und wie schon erwähnt: Es
gab (nicht nur in der DDR) Wissenschaftler, die angesichts des politischen
Frühlings, der nach Stalins Tod angebrochen schien, meinten, diese Zeit müsste
Marx auch zu veränderten Aussagen zum Staat geführt haben und anregten, den im
„Kapital“ angelegten Staatsbegriff sichtbar zu machen. Aber gerade ihnen galt
die Parole bzw. Warnung. Polak hatte
lange genug im Dunstkreis Wyschinkis zugebracht, um zu wissen, wie gefährlich,
gefährlich für beide Seiten, es war, den Staat zu hinterfragen. Man denke an E.
Paschukanis und dessen Versuch, die
Metapher vom „Absterben“ von
Staat und Recht auf die Verhältnisse der jungen Sowjetunion anzuwenden. Eine
noch heute lesenswerte Arbeit erstand,
deren Aussagen ihrem Autor aber, weil zunehmend in Widerspruch zur sowjetischen
Realität stehend, die Erschießung im Jahre 1937 einbrachte. Nun war Paschukanis
zwar im Rahmen der Entstalinisierung rehabilitiert. Aber auch sein Werk? Das
war ungewiss. Die Parole Polaks brachte insoweit Klarheit. Die Person war
rehabilitiert, das Werk nicht.
Die
Erschießung des „Staatsleugners“ Paschukanis fällt nicht zufällig in das Jahr
1937. Zwei Jahre zuvor traf die KPdSU folgende Feststellung: Die
„kapitalistischen Elemente“ sind in der Sowjetunion restlos liquidiert. Das
„sozialistische System [hat] auf allen Gebieten der Volkswirtschaft gesiegt“.[61]
Die „Machtfrage“ ist entschieden. Die Zeit ist reif, die alte Verfassung aus
1924 durch eine neue, durch die „Stalinsche“ Verfassung des Jahres 1936, zu
ersetzen.
Nach
Marxscher Lehre hatte der vorhandene Staat, die Diktatur des Proletariats,
damit seine Aufgabe erfüllt; er war überflüssig geworden. Folglich „war zu
einer dringenden, nicht mehr zu umgehenden Frage geworden: Ist der Staat in der Sowjetunion
im Absterben? Wenn nicht, weshalb nicht?“[62]
Das
Gegenteil zeigte sich. Der Staat starb nicht ab, sondern blühte auf. Ab jetzt
bis zum Ende des „realen Sozialismus“ galt die von der Partei vorgegebene
Formel von der „wachsenden Rolle und Bedeutung“ des sozialistischen Staates.
Und jeder, der vom Absterben des Staates sprach, war jetzt ein Staatsfeind,
gehörte zu denen, die den
„antiparteiliche[n], schädliche[n] ‚Theorien‘ vom Absterben von Staat und
Recht“ das Wort redeten.[63]
Wer es trotzdem tat, musste um sein Leben fürchten. Und wer es bereits getan
hatte, wie E. Paschukanes, büßte es ein.
Was
sind die Gründe, was sollte verborgen bleiben?
Blicken
wir auf die Sowjetunion.
Wieweit
ist Russland 1917 hinter den fortgeschrittenen Ländern zurück? 100 Jahre oder
noch mehr? Und wo steht die Sowjetunion nach einem verheerenden Bürgerkrieg und
trotz imponierender Aufbauleistungen im Jahre 1936?[64]
Jedenfalls
nicht dort, wo die Partei sie sieht.
Ziehen
wir Lenin zu Rate. Die Schriften seiner letzten Lebensjahre sind von der
Besorgnis geprägt, dass die Revolution von der Bürokratie, von der Unkultur,
vom Kleinbürgertum erstickt wird. Das Proletariat der Revolutionszeit, ohnehin
nur in wenigen Zentren konzentriert, ist durch Krieg und Bürgerkrieg nahezu
aufgerieben. Vorhanden ist ein Proletariat, das „aufgehört hat, als Proletariat
zu existieren.“ Auf wen aber stützen sich Partei und Staat? „Will man nicht vor
der Wirklichkeit die Augen verschließen, so muss man zugeben, dass gegenwärtig die
proletarische Politik der Partei nicht durch [das alte, kampferprobte
Proletariat], sondern durch die gewaltige, ungeschmälerte Autorität jener ganz
dünnen Schicht bestimmt wird, die man die alte Parteigarde nennen kann.“[65]
Die
Industrialisierung der End-Zwanziger und Dreißiger Jahre bringt zwar eine neue
Arbeiterschaft hervor. Aber sie rekrutiert sich aus einer Landbevölkerung, die,
wie die Parzellenbauern, auf die sich Bonaparte stützte, nicht dem
revolutionären, sondern dem konservativen Teil des Volkes angehört. Nicht der
revolutionäre, sondern der konservative Arbeiter prägt das Bild der jetzigen
Arbeiterklasse. Massen bevölkern die Städte und Fabriken, die weit entfernt
sind vom Wissen um ihre „historische Mission“. Sie sehen in der Partei nichts anderes
als die neue Obrigkeit und in Stalin den neuen Zaren. So also ist die Lage
1936! Wie im Frankreich des Jahres 1851: Es existiert eine Klasse, die nicht
regieren wollte, es nicht konnte und es auch nicht durfte. Auf sie stützt sich
die Partei.
Kommen
wir auf K. Polak zurück:
Sein
Diktum reichte aus. Niemand gab der Versuchung nach, den im „Kapital“
angelegten Staats- und Rechtsbegriff aufzufinden.[66]
Hätte man es aber getan, hätte sich ein erstaunlich klares Bild gewinnen
lassen. Denn jenseits aller Ideologie hätte sich, neben einem ausgeprägten
Bonapartismus, jene Sonderform des Kapitalismus gezeigt, die Lenin in vielen
seiner Schriften als „Staatskapitalismus“ bezeichnet. Er war ehrlich genug, die
Verstaatlichung der Produktionsmittel nicht einer Vergesellschaftung
gleichzusetzen. Und er wusste auch, dass Russland über die Verstaatlichung
nicht hinaus kommen würde, bliebe es mit seiner Revolution allein. Es war
Stalin, der sehr bald nach Lenins Tod dieses Wissen unter der Formel vom
„Aufbau des Sozialismus in einem Land“ begrub[67].
1935
hatte in der Sowjetunion also nicht der Sozialismus, sondern der
Staatskapitalismus gesiegt. Was diesen vom gewöhnlichen Kapitalismus trennt
ist, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln hier Vielen und dort nur
Einem, dem Staat, zugeordnet ist. Der angeblich „sozialistische“ Staat war zum
einzigen Privateigentümer und damit zum einzigen Kapitalisten geworden Die
Folge: Das von Marx im „Kapital“ so lebhaft beschriebene innerbetriebliche
Regime wurde, nicht eins zu eins, aber in den Grundzügen, zum Staatsregime.
Wenn also die Diktatur jetzt nicht abstarb, sondern das „Absterben“ der Formel
von der „wachsenden Rolle und Bedeutung des sozialistischen Staates“ wich, hat
das damit zu tun, dass die betriebliche „Direktion“ unter der Bezeichnung
„demokratischer Zentralismus“ zum Staatsprinzip gemacht wurde.
Die
„Macht asiatischer und ägyptischer Könige oder etruskischer Theokraten …[,] in
der modernen Gesellschaft auf den Kapitalisten übergegangen“[68],
lag im „realen Sozialismus“ in der Hand der Partei, noch richtiger: in der Hand
einer „Führung“, zu Stalins Zeiten: in der des Führers.
Etwas
frei nach F. Engels[69]
formuliert:
Kein
Staat ist tyrannischer als ein Staat, der nach Art einer Fabrik organisiert
ist.
Während
für den „gewöhnlichen“ Kapitalismus gilt, dass die „Autorität in der Werkstatt
und die [Autorität] in der Gesellschaft … im umgekehrten Verhältnis zueinander“
stehen[70],
ist hier die „gesellschaftliche“ Autorität der innerbetrieblichen angeglichen.
Die
Sowjetunion dieser Zeit:
Ein
tyrannischer, nach dem Muster eines Unternehmens organisierter und mit allen
Merkmalen des Bonapartismus versehener Staat, der wegen seiner Verquickung des
Ökonomischen, Sozialen und Politischen effektiver und uneffektiver Staat
zugleich ist – ein Monstrum, eine Missgeburt.
Trotzki
1936: Das Regime wurde ‚totalitär‘, schon mehrere Jahre, bevor dieses Wort aus
Deutschland herüberkam.“[71]
Welche Worte hätte wohl ein Marx gefunden?
Die
Sowjetunion war 1935 angekommen. Nicht beim Sozialismus, sondern beim
Staatskapitalismus und beim „Autoritätsprinzip“[72].
Und dabei blieb sie und dabei blieb es auch in den nach dem Krieg von ihr
installierten Satellitenstaaten.
Klar,
dass jetzt die Staatsfrage so sakrosankt war wie der Staat selbst. Deswegen.
Ein
Wort zum Recht.
Während
der Staat „aufblühte“, starb das Recht tatsächlich ab. Das Privatrecht. Es
verlor mit dem Bereich der Wirtschaft den Großteil seines Gegenstandsbereiches.
Sein Hauptanwendungsbereich als Recht privater oder kollektiver Kapitalisten
fiel mit dem Staatseigentum einer Konfusion zum Opfer. Es verschrumpfte zu einem Recht, das die Beziehungen der Bürger zum Handel und die
Beziehungen der Bürger untereinander regelte. Mit dem Wegfall seines
Kernbereichs verlor es zugleich seine einigende Kraft. Seine Rest-Masse zerfiel
in ein Zivilrecht der Bürger, in ein Familienrecht, in ein Arbeitsrecht. Mit C.
Schmitt gesagt: An die Stelle des bisherigen Privatrechts traten „konkrete
Ordnungen“.
Was
sich zeigt, ist ein „Absterben“ der besonderen, der asynchronen Art. Das Recht
starb ab, der Staat blühte auf. Verständlich von daher, dass die Partei, dass
die führenden Genossen, Untersuchungen zum „Absterben“ weder wünschten noch
duldeten. Und im Grunde waren sie auch nicht nötig. Denn Marx hatte ja im „18 Brumaire“
tatsächlich auch den realsozialistischen Staat vorweg genommen. Ob K. Polak das
sagen wollte, er also bewusst zweideutig formulierte, als er die zitierte
Aussage traf?
E.
Paschukanis blieb mit seiner Arbeit allein. Auch wenn hin und wieder einer der
Parteiführer darauf hinwies, dass auch Marx (nur) ein Mensch war: Jeder der bei
Verstand war und beruflich überleben wollte wusste schließlich, dass die Partei
kein Mensch war. Und die Partei hatte
immer recht! Wo sie in puncto Staat dessen „wachsende Rolle und Bedeutung“
predigte, war Marx abgemeldet, soweit er der Parteilinie entgegenstand. Selbst
dort, wo Marx offenkundig nichts Abschließendes äußern wollte oder konnte, war
der Spielraum denkbar gering. Die Uminterpretation des Staatskapitalismus in „Sozialismus“
hingegen überlebte Stalin und auch die angebliche Entstalinisierung.
Weltstaat statt
Weltrevolution
Erschöpft,
genervt, enttäuscht: mit „O Jerum“ endet das Manuskript beim Paragrafen 313.
Was Hegel zum „äußeren Staatsrecht“ und zur „Weltgeschichte“ zu sagen hat,
bleibt unkommentiert. Schade, denn in diesen letzten Teilen, die im Übrigen bis
heute in der philosophischen und juristischen Forschung nur wenig Widerhall
gefunden haben, hält Hegel gerade für uns Heutige eine wichtige Botschaft bereit.
Gerade hier hätte der Visionär einer kommunistischen Weltgesellschaft also
fündig werden können.
Der
damalige Staat war „zwei Staaten“ in einem. Als „Not- und Verstandesstaat“ ist
er die politische Organisation der bürgerlichen Gesellschaft und wird folglich
dort abgehandelt, wo Hegel Aussagen zu ihr trifft.[73]
Zum anderen ist er der Staat beider Naturen. Ja, so ist es: Ein Staat, der zwei geradezu entgegengesetzte Aufgaben
zu erfüllen hat, was wiederum die höchst
unterschiedlichen Institutionen und Instrumentarien erklärt, die notwendig
sind, um sie unter einen Hut zu bringen. Diese doppelte Aufgabenstellung – sie
ist in § 261 R, mit dessen Kommentierung der erhalten gebliebene Text des
Manuskripts beginnt, deutlich genug angesprochen -: politische Organisation der
beiden Naturen und politische Organisation nur der bürgerlichen Gesellschaft,
gibt dem Staat eine spezifische Prägung, gibt ihm, oberflächlich gesehen, ein
„mittelaltriges“[74]
Aussehen. Wer, wie der junge Marx, diesen Staat nur aus der Sicht der
bürgerlichen Gesellschaft beurteilt, muss befremdet sein, ja muss sich mit
Abscheu von ihm wenden. Schon die Ausführungen in den §§ 257-260 R zeigen, dass
Hegel diese Doppelgestalt jedem Staat attestiert. Sie ist „absoluter unbewegter
Selbstzweck“(§ 258). In der Anmerkung zu diesem Paragrafen, in den Ausführungen
der von Haller gewidmeten Fußnote, im Zusatz, verdeutlicht er seine Position.
Zusammen mit den voranstehenden Teilen der „Grundlinien“ ist damit genug
gesagt, um Missverständnisse auszuschließen. Alles ist bereits angesprochen und
ausgeführt. Und das im Rahmen einer Polemik gegen die Philosophie der
Aufklärung sowie der ihr in Deutschland nachfolgenden „Identitätsphilosophie“
mit ihrem Hauptvertreter Kant. Denn die Feuerbachsche „Umkehrmethode“ ist so
neu nicht, als dass Hegel sie nicht bereits gekannt und als unzulänglich und
irreführend kritisiert hätte. Aber das hilft ihm nicht. Aus der Sicht dieser
Methode passt Hegels Staatsbegriff nicht zum Zeitgeist. Dieser drängt auf
gnadenlose Ausbeutung der Natur.[75]
Diese Ausbeutung ist guten Gewissens wiederum nur möglich, wenn die Natur
entsubjektiviert und zum Objekt erklärt wird.
Wir
leben in einer „weltbürgerlichen“ Gesellschaft! War im 19. Jahrhundert und auch
noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Nationalstaat die
zureichende politische Organisation der bürgerlichen Gesellschaft, so
unterliegt er bereits seit Jahrzehnten dem Gericht des „allgemeinen Geistes“[76].
Selbst die größeren unter ihnen erfahren inzwischen ihre „Denationalisierung“[77].
Und mit ihm wird das „Naturprinzip“ endgültig außer Kurs gesetzt; er kann auch
das Wenige an Vermittlung, das von ihm noch ausging, nicht mehr leisten. Er
wird mehr und mehr von den weltweit agierenden Marktkräften in die Knie
gezwungen. Eine Entwicklung, die nicht zurückgedreht werden kann und deren
Folgen am schwersten die „primäre“ Natur treffen, die jetzt global dem Angriff
der anderen Seite ausgesetzt ist.
Die Nationalstaaten, die
„Völkergeister“, wie Hegel sagt, gingen aus dem Zerfall der „naturwüchsigen
Gemeinwesen“ hervor. Mit ihnen entsteht
ein Mix aus „Produktionsprinzip“ und „Naturprinzip“, also kein reiner „Not- und
Verstandesstaat“. „Im friedlichen
Zustande“ reicht dessen Regiment aus, um die bürgerliche Gesellschaft
„sittlich“ zu halten, jedoch ist es „teils nur die Weise der bewusstlosen Notwendigkeit der Sache,
nach welcher ihre Selbstsucht in den Beitrag zur gegenseitigen Erhaltung und
zur Erhaltung des Ganzen umschlägt …,
teils aber ist es die direkte Einwirkung
von oben, wodurch sie sowohl zu dem Zwecke des Ganzen fortdauernd zurückgeführt
und danach beschränkt als angehalten werden, zu dieser Erhaltung direkte
Leistungen zu machen“[78].
Eine damals zureichende, jetzt aber außer Kraft gesetzte, Korrektur des
„Produktionsprinzips“ durch das „Naturprinzip“ findet statt.
Eine lokal und auch zeitlich
beschränkte Lösung; keine Dauerlösung. Der Nationalstaat „hat eine Geschichte
innerhalb seiner.“ Aber als „beschränkter Geist ist seine Selbständigkeit ein
Untergeordnetes“. Er ist durch das „Moment geographischer und klimatischer“
Besonderheiten bestimmt“ und als so „bestimmte[r] Volksgeist“[79]
objektiv nicht imstande, der Zerstörung jener Natur entgegenzuwirken, die
keinem einzelnen „Volksgeist“ zugeordnet ist. Die Gegenwart zeigt uns aber:
Gerade diese Natur ist in Not; und „im Zustande der Not“[80]
ist mehr gefordert, nämlich das Geltendmachen der Souveränität des Staates
gegen die (selbst-)zerstörerischen Kräfte, die von der weltbürgerlich
gewordenen Gesellschaft ausgehen.
Mit dem Nationalstaat hat sich
die Geschichte des Staates noch nicht vollendet. Er verkörpert die erste Stufe
des „Vernunftstaates“, d.h. die Stufe „unmittelbare[r] natürliche[r]
Prinzipien“[81].
Er ist der „Geist“ eines Volkes, aber nicht aller Völker. Doch längst zeigt
sich die „Endlichkeit dieser [nationalen] Geister“[82].
Längst unterliegen sie und ihre „beschränkten Prinzipien“ einem „Weltgerichte“[83].
Der „Volksgeist wird zum „Weltgeist“.[84]
Aus ihm wiederum geht jener „Weltstaat“
hervor „dessen Recht das Höchste ist.“[85]
Der Weltstaat steht über dem
„Besonderen“ als da sind: „die Penaten, die bürgerliche Gesellschaft und die
Völkergeister in ihrer bunten Wirklichkeit“[86].
Er steht als ein „Drittes“[87]
über den Nationalstaaten; er ist ihr „Gericht“. Dieser Staat ist das Gebot der
Zeit.
Auch unter dem Nationalstaat war
die Natur und ihr Erhalt vielerlei „Zufälligkeiten“[88]
ausgesetzt. Einen mehr oder weniger umfassenden Schutz konnte sich von ihm
allenfalls jene Natur erhoffen, die sich im „Privateigentum“ der jeweiligen
Nation befand. Aber was ist mit den „elementarischen Gegenständen“, die „ihrer
Natur nach [nicht] zu Privatbesitz partikularisiert“ werden können[89]?
Was wird aus der „Welt-Allmende“? Schon
längst vollzieht sich vor unseren Augen die Tragödie der globalen Gemeingüter,
wie ein Blick auf den verpesteten Luftraum, auf die überfischten und
verdreckten Weltmeere und auf das Klima zeigt – und auf die Folgen daraus, die
wir Jahr für Jahr deutlicher zu spüren bekommen. Ihr Schutz muss auf globaler Ebene organisiert und
exekutiert werden. Längst macht der „Geist der Welt“, der „unbeschränkte“
Geist, „sein Recht“ geltend – „und sein Recht ist das allerhöchste“[90].
Er fordert uns auf, einen Staat zu errichten, der „Träger und Vollstrecker
eines Rechts [ist], vor dem die Rechte aller einzelnen Staaten zurückzutreten
haben, ja das geradezu einem an ihnen allen auszuübenden Gericht gleichkommt.“[91] .
Der
„Weltstaat“ ist angesprochen.
Zu
Lebzeiten Hegels war er noch ein
„schlafender“[92],
ein embryonaler Geist, den die Geschichte, ist seine Zeit gekommen, „aufwecken“
und „in den Zustand eines Staates“[93]
erheben wird. Hegel ist Realist. Mit Aus- und Höhenflügen ins Utopische hält er
sich zurück. Mehr als grobe Konturen zeichnet er nicht.
!848, zum
Zeitpunkt des Erscheinens des „Kommunistischen Manifests“, war die klassen- und
staatlose kommunistische Weltgesellschaft als Konsequenz der bürgerlichen
Klassengesellschaft und ihrer Nationalstaaten auch für Marx/Engels weit
entfernte Zukunft, die näher zu beschreiben sie sich enthielten. Ähnliches gilt
für den Hegel des Jahres 1820: auch für ihn lag der „Weltstaat“ noch weit in
der Zukunft. Der „Weltgeist“ muss erst “Objektivität … in Gesetzen“ und
Institutionen erlangen, ehe er sich „in den Zustand eines Staates“ erhebt.[94]
Wir brauchen uns also nicht „abgespeist“ fühlen, wenn Hegel ihn uns nur im
Umriss zeigt. Der Schluss, mit dem Hegel
aufwartet, ist also nicht „eigenartig“ oder gar „unhaltbar“, sondern, wie M.
Pawlik[95]
urteilt, „systematisch vollkommen konsequent“.
Richtig ist aber: Wo Kant etwas Handfestes parat hat – und trotzdem
keine Lösung -, ist bei Hegel einerseits noch alles offen und andererseits doch
schon der Weg gewiesen. Die „Weltgeschichte“ als Teil des Begriffs „Staat“ ist
Beleg dafür. Und die Geschichte ruht nicht. Schritt für Schritt bereitet sie
dem Weltstaat den Boden, so wie sie den Nationalstaaten den Boden entzieht –
was nicht heißt, dass die ethnischen,
sprachlichen, kulturellen u.a. Besonderheiten verschwinden.[96]
Damals noch „allgemeine Idee“[97],
ist der Weltstaat heute längst das dringende, ja überfällige Erfordernis der
Zeit. Hier, auf Weltebene, entfaltet der „Vernunftstaat“ sein Potential. Hier
interessiert die Weltgeschichte nur als Resultat und als die Wahrheit aller
Geschichte, als „geistige Wirklichkeit“[98].
Hier stehen nicht die Belange einzelner Völker, Nationen oder Rassen im
Vordergrund, sondern die „Gattung“[99].
Hier geht es um das universell gewordene „Gemeinwesen“, in welchem wahr wird,
was E. Gans schon 1833 zum Ausdruck bringt: „[W]as die vergangenen Jahrhunderte
trennten, muss sich jetzt wieder zusammentun und organisch auszubilden suchen.“[100]
Der
Weltstaat als Korrektor der weltbürgerlichen Gesellschaft. Ein Weltstaat und
viele Nationalstaaten, die sich um „dessen Thron“[101]
scharen. Ein Weltbundesstaat anstatt des Weltstaatenbundes. Eine kühne, bis
heute eher missverstandene Vision, ausgesprochen zu einer Zeit, als der Nationalstaat
der letzte „Schrei“ der Geschichte ist. Dem Weltstaat ist zu leisten auferlegt,
was die „Völkergeister“ nicht zu leisten vermögen. Diese bleiben. Aber sie sind
jetzt an ihren richtigen Platz gestellt. Wohin es führt, wollte man sie
ignorieren, deutet Hegel an mehreren Stellen an. „Das Volk als Staat“ bleibt.
Jeder „Völkerstaat“ bleibt „gegen die andern in souveräner Selbständigkeit.“[102]
Aber die Bedeutung hat sich umgekehrt. Die
Vermittlung der beiden Naturen, die Ausbalancierung ihrer Interessen, wird zur
Aufgabe des Weltstaates. Ihn zu installieren und handlungsfähig zu machen ist
das Gebot unserer Zeit. Mit ihm wäre die Führungslosigkeit des Gemeinwesens auf
jener Ebene beendet, wo der Staat als adäquates Gegengewicht der
weltbürgerlichen Gesellschaft auftreten kann.
Die
Nationalgeschichte des Staates weicht seiner Weltgeschichte. Die „besondere und
beschränkte“[103]
sittliche Substanz des Nationalstaates weicht der des Weltvernunftstaates. Dort
erhebt sich das Zufällige zur „Wesentlichkeit“.[104] Der beschränkte Geist geht „in die allgemeine
Weltgeschichte über, deren Begebenheiten die Dialektik der besondern
Völkergeister, das Weltgericht, darstellen.“[105]
Der Nationalstaat geht nicht verloren. Er wird jedoch gegenüber dem
Weltvernunftstaat ein „Untergeordnetes“.
Wonnitz, im März
2023
[1] Diese Abhandlung
versteht sich als Teil II zu: „Der
‚halbierte‘ Begriff. Zur Hegelkritik L. Feuerbachs.“
[2] Zur Kritik der
Hegelschen Philosophie, in: L. Feuerbach, Zur Kritik der Hegelschen
Philosophie, hrsg. von W. Harich, Berlin
1955, S. 21, 53.
[3] Ebd., S. 53.
[4] Vorläufige
Thesen zur Reform der Philosophie, in: L. Feuerbach, Zur Kritik…, S. 72 –
Hervorhebung bei F.
[5] F. Engels, Die
Lage Englands, MEW 1, S. 567.
[6] W.
Schuffenhauer, Feuerbach und der junge Marx. Zur Entstehungsgeschichte der
marxistischen Weltanschauung, Berlin 1965, S. 50 u. 55.
[7] W. Harich,
Vorwort zu: L. Feuerbach, Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, Berlin 1955,
S. 9.
[8] Schuffenhauer,
S. 56.
[9] MEW 1, S. 378
ff. („Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“).
[10] MEW 1, S. 605.
[11] MEW 3, S. 62.
[12] MEW 21, S. 273..
[13] MEW 21, S. 272
(Engels, L. Feuerbach).
[14] Vgl. Hegel, §
142 E.
[15] MEW 1, S. 294.
Hundert Jahre später greift G. Lukacs das Thema auf und verteidigt die
„übergreifende“ gegen die Hegelsche Art der „Vermittlung“. Vermittlung muss
sein. Sie sei unverzichtbares Instrument „ontologischer Selbstkorrektur“. Aber
als in die „Wechselwirkung“ eingebettete Vermittlung unterliegt sie dem Gesetz
von der „Einheit und den Kampf der Gegensätze“, ist insoweit die Wechselwirkung
ungleicher Kräfte und Größen. ( Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins.
Hegels falsche und echte Ontologie,
Neuwied u. Berlin 1971, S.103.).
[16] MEW 1, S. 214.
Siehe dazu auch Hegel, § 150 E und L(W), S.191 ff.
[17] Zugleich eine
Interpretation des Themas „Herr und Knecht“, das Hegel in der „Phänomenologie“
anspricht.
[18] MEW 1, S. 295.
[19] MEW 1, S. 295.
[20] MEW 1, S. 300 u. 282.
[21] MEW 2, S. 103.
[22] MEW 1, S. 301.
[23] MEW 1, S. 292.
[24] § 156/Z E.
[25] GR, S. 312f.
[26] Siehe dazu:
Hegel und England – hier, auf dieser Plattform.
[27] MEW 1, S. 295.
[28] In seiner
„Genossenschaftslehre“, siehe dazu den Beitrag „Der Zerfall der
Wirtschaftsfamilie in Kleinfamilie und Unternehmung in der Wahrnehmung O. v.
Gierkes und K. Marx“ – auf dieser Plattform.
[29] Siehe dazu ausführlich: B. Rettig, Hegels
sittlicher Staat, S.299 ff..
[30] Dazu näher, B.
Rettig, Staat, Recht, Ökologie, besonders S. 151 ff.
[31] Er und seine
„historische Schule“ begründen das jetzt gebrauchte bürgerliche Recht mit dem
antiken Rom, d.h. mit einer Gesellschaft und dessen Recht, die in einigen Punkten
die bürgerliche Gesellschaft vorwegzunehmen scheinen.
[32] nachfolgend
abgekürzt: ÖPM (MEW Ergänzungsband. 1.
Teil, S. 465-588.).
[33] In dem von R.O.
Gropp u.a. herausgegebenen Sammelband Ernst
Blochs Revision des Marxismus. Kritische Auseinandersetzungen marxistischer
Wissenschaftler mit der Blochschen Philosophie (Berlin 1957).
[34] H. Engelmann,
Produktivkräfte und Natur – Kritik der Technikkonzeption von Ernst Bloch, in:
Blochs Revision des Marxismus, S. 174.
[35] ÖPM, a.a.O., S.
516 – Hervorhebungen bei Marx.
[36] Ebd., S. 517.
[37] W. Röd, Der Weg
der Philosophie Bd. II, 17. bis 20. Jahrhundert, 2. Auflage, München 2009, S.
303.
[38] MEW 23, S. 193f.
[39] Siehe dazu: A.
Schmidt, Kritik der Mitproduktion der Natur, in: Materialien zu Ernst Blochs
„Prinzip Hoffnung, hrsg. und eingel. Von Burghart Schmidt, Frankfurt/M. 1978,
S. 325-335.
[40] GR, S. 239.
[41] § 52/A R.
[42] Der Begriff der
Natur in der Lehre von Marx, Frankfurt/M. 1960. Wie das dortige
Literaturverzeichnis ausweist, lag die in FN 33 genannte Sammelband dem Autor
vor, wenn sie auch in der Arbeit selbst weder im negativen oder positiven Sinne
erwähnt wird.
[43] A. Schmidt,
Kritik der Mitproduktion der Natur, a.a.O., S. 326.
[44] A. Schmidt, Der
Begriff der Natur in der Lehre von Marx, Frankfurt/M., 1960, S. 66.
[45] W. Harich,
Vorwort zu: L. Feuerbach, Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, Berlin 1955,
S. 9.
[46] MEW 21, S. 268.
[47] GR, S. 30.
[48] K. Polak, Zur
Dialektik in der Staatslehre, (3. Aufl.), Berlin 1963.
[49] Näheres dazu im
Beitrag „Babelsberg. Die Staats- und Rechtswissenschaft der DDR nach 1958“ -
auf dieser Plattform.
[50] Hegel, MM 1, S.
[51] MEW 8, S. 116.
[52] MEW 8, S. 196.
[53] MEW 8, S. 198f.
[54] MEW 8, S. 199.
[55] MEW 8, S. 204.
[56] Zitiert von Marx
(MEW 8, S. 196).
[57] Das hat bereits
Hegel erkannt. Der „Not- und Verstandesstaat“ der bürgerlichen Gesellschaft
darf nicht bloßer „Rechtsstaat“ sein. In § 188 R stellt er klar, dass notwendig
dazu gehört: „Die Vorsorge gegen die [im bloßen Rechtsstaat] zurückbleibende
Zufälligkeit und die Besorgung des besonderen Interesses als eines Gemeinsamen, durch die Polizei und Korporation.“
[58] Und weil die
deutsche Weise, dies zu tun, der französischen ähnelt, wird E. Engels sich
Jahre später veranlasst sehen, auch das
deutsche Kaiserreich unter „Bonapartismus“ einzureihen.
[59] MEW 21, S.269.
[60] 1848 hält Marx
in Brüssel die „Rede über die Frage des Freihandels“ (MEW 4, S. 444 ff.), in
der er in diesem Sinne für den Freihandel plädiert. Siehe dazu
auch F. Engels, Schutzzoll und Freihandel,, MEW 21, S. 360 ff.
[61] ZK der KPdSU:
Geschichte der kommunistischen Partei der Sowjetunion (16. Aufl.), Berlin 1953,
S. 426.
[62] W. Reich, Die
Massenpsychologie des Faschismus, Wiesbaden 2005, S. 219 (Hervorhebung bei
Reich).
[63] A.J. Wyschinski,
Zur Lage an der theoretischen Rechtsfront, in: N. Reich (Hrsg.), Marxistische
und sozialistische Rechtstheorie, Frankfurt/M. 1972, S. 113-117(114).
[64] Man mag
nachlesen, was Trotzki (Die verratene
Revolution, Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie? 2. Aufl., Essen 1997)
dazu 1936 schrieb.
[65] Lenin, Neue
Zeiten, alte Fehler in neuer Gestalt, Werke 33, S. 4 u. Über die Bedingungen
für die Aufnahme neuer Parteimitglieder, Werke 33, S. 243.
[66] Ein Versuch
dieser Art war die sogenannte „Staatsableitungsdiskussion“, die unter linken
Kreisen in der BRD der 70-er Jahre geführt wurde, aber alsbald ergebnislos
versandete.
[67] Beginnend mit
seiner Schrift „Über die Grundlagen des Leninismus“ aus Mai 1924, in der
erstmals die These vom „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ formuliert ist.
[68] MEW 23, S. 353.
[69] Von der
Autorität, AS I, S. 599 ff.
[70] MEW 4, S. 151.
[71] A.a.O., S. 146
(s. FN 63).
[72] MEW 4, S. 150.
[73] Siehe dazu der
Beitrag zum „Not- und Verstandesstaat“ auf dieser Plattform.
[74] MEW 1, S. 319.
[75] Die wenigen
Rezensionen seiner „Rechtsphilosophie“, z.B. jene von Herbart und Zollmann
(abgedruckt bei M .Riedel [Hrsg.], Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie
Bd.1, S. 81-99 u. S. 100-145), zeigen deutlich genug, wie fremdartig Hegels
Standpunkt in einer Zeit anmutet, die ganz im Zeichen der „produzierten“ Natur
steht.
[76] § 341 R.
[77] W. Pauly, Hegel
und die Frage nach dem Staat, Der Staat 39 (2002), S. 393.
[78] § 278/A R. –
Hervorhebungen bei H.
[79] § 548 E.
[80] § 278/A R.
[81] § 346 R.
[82] § 340 R.
[83] § 340 R.
[84] Vgl. § 549 E.
[85] § 33 R.
[86] § 341 R.
[87] § 259/Z R.
[88] Vgl. ebd.
[89] § 45/A R.
[90] Ebd. Siehe auch
B. Bourgeois (Der Begriff des Staates, in: L. Siep [Hrsg.], G.W.F. Hegel.
Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 228): „Für Hegel ist das
unwiderstehlichste Staatsrecht das Recht des Weltgeistes“.
[91] Theodor Litt,
Hegel. Versuch einer kritischen Erneuerung, Heidelberg 1953, S. 122.
[92] § 258/Z R.
[93] § 349 R.
[94] § 349 R.
[95] M. Pawlik, Hegel
und die Vernünftigkeit des Wirklichen, Der Staat 41 (2002), S. 185.
[96] Versuche, sie
auszumerzen oder zu ignorieren, das hat die Geschichte oft genug gezeigt,
führen zu Fehlentwicklungen, die
Auslöser von Kriegen und Bürgerkriegen
sein können. Sie müssen also weiterhin respektiert werden.
[97] § 259 R.
[98] § 341 R.
[99] § 259 R.
[100] E. Gans, Vorrede
zur 1833 von ihm herausgebrachten 2. Auflage der „Rechtsphilosophie“, enthalten
in der Edition Ilting Bd. I, S. 593.
[101] § 352 R.
[102] § 331; vgl. auch
§ 322/A R.
[103] Vgl. § 552 E. Er
verweist auf „das Moment geographischer und klimatischer Bestimmtheit“ = die
„Naturseite“ (§ 548 E).
[104] Ebd. (§ 552 E).
[105] § 548 E.