Resultat der „Umkehrmethode“: K. Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie[1]

 

Den Anstoß gibt L. Feuerbach. Seine Kritik der hegelschen Philosophie zielt auf das „charakteristische Element Hegels, … [das] Element der Differenz.“[2] Immer diese zwei Wahrheiten, immer diese Gegenüber von Geist und Natur, von Subjekt und Objekt, von Geistphilosophie und Naturphilosophie! Immer diese Aufhebung der Gegenüber im Absoluten! Aber das Absolute, was ist das? „Nichts als das Und, die Einheit von Geist und Natur. Sind wir denn aber damit weitergekommen?“ Haben wir am Ende mehr in der Hand als ein „vages, namenloses Wesen“?[3] „Wie die Theologie den Menschen entzweit und entäußert, um dann das entäußerte wieder mit ihm zu identifizieren, so vervielfältigt und zersplittert Hegel das einfache, mit sich identische Wesen der Natur und des Menschen, um das gewaltsam Getrennte dann wieder gewaltsam zu vermitteln.“[4] Und wie kommt Hegel aus diesem Zwiespalt heraus? Doch nur dadurch, dass er das Prädikat zum Subjekt und das Subjekt zum Prädikat macht – alles Hinweise darauf, dass Hegel „nicht Ernst mit der Überwindung der Gegensätze“ machen will?[5]

Was also ist zu tun?

Die Verselbständigung des Begriffs zugunsten einer Verselbständigung der Natur umkehren. Also „Verkehrung der realen Subjekt-Objekt- oder Subjekt-Prädikat-Beziehungen“ durch Anwendung der „Umkehrmethode“[6]. Das ist die Lösung! Marx macht sie sich „ohne jeden Vorbehalt“[7] zu Eigen, wechselt von der hegelschen zur „Feuerbachschen Dialektik“[8], wird zum „Feuerbachianer“.

Ausgerüstet mit der „Umkehrmethode“ macht sich Marx im Sommer 1843 daran, anhand der „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ die praktische Philosophie Hegels einer Kritik zu unterziehen. Eine Schrift entsteht, von der aber nur – und auch hier nur unvollständig – jener Teil überkommen ist, der sich auf den Staat bezieht. Zur Veröffentlichung gelangt nur eine ihr zugedachte „Einleitung“.[9]

Extrapoliert man den vorhandenen Text nach vorn und nach hinten, könnte man seine Vorgehensweise etwas respektlos so charakterisieren:

Frisch zu Feuerbach konvertiert stellt er die „Rechtsphilosophie“ auf den Prüfstand „Umkehrmethode“. Stück für Stück klappert er die Paragrafen ab. Und siehe da: nahezu Paragraf für Paragraf fällt Hegel durch. Und man spürt, dass Marx von Paragraf zu Paragraf  ungeduldiger und ärgerlicher wird. Die Wortwahl wird immer respektloser, je weiter er kommt. Mit Wendungen wie „obrigkeitlicher Sinn“, „bis zur Servilität“, „mittelaltriger Standpunkt“, „wirklich ekelhaft“, „zoologische Anschauungsweise“ macht er seinem Unmut Luft. Und schließlich, kurz vor dem Ende, wirft er den Packen hin. „O Jerum“!

Was hat ihn bewogen, das Projekt aufzugeben? Ein Jahr später, in der Vorrede zu den „Ökonomisch-philosophischen Manuskripten“ des Jahres 1844, äußert er sich dazu wie folgt:

„Ich habe in den ‚Deutsch-Französischen Jahrbüchern‘ die Kritik der Rechts- und Staatswissenschaft unter der Form einer Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie angekündigt. Bei der Ausarbeitung zum Druck zeigte sich die Vermengung der nur gegen die Spekulation gerichteten Kritik mit der Kritik der verschiedenen Materien selbst durchaus unangemessen, die Entwicklung hemmend, das Verständnis erschwerend. Überdies hätte der Reichtum und die Verschiedenartigkeit der zu behandelnden Gegenstände nur auf eine ganz aphoristische Weise die Zusammendrängung in einer Schrift erlaubt, wie ihrerseits eine solche aphoristische Darstellung den Schein eines willkürlichen Systematisierens erzeugt hätte.“

Es ehrt Marx, damit – wenn auch verklausuliert – eingestanden zu haben, dass er zum damaligen Zeitpunkt keine Arbeit hätte abliefern können, die Hegel gerecht geworden wäre.

Der Herausgeber der MEW merkt dazu an:

„Von diesen Erwägungen ausgehend, kam Marx damals zu der Schlussfolgerung, dass es zweckmäßiger wäre,  eine Kritik des Rechts, der Moral, der Politik usw. in Einzelbroschüren zu veröffentlichen und dies alles durch eine zusammenhängende Arbeit, die eine Kritik an der idealistischen, spekulativen Philosophie enthalten sollte, abzuschließen.“ Dieser Plan sei abgeändert worden. Die abschließende Arbeit, die „Kritik an der idealistischen, spekulativen Philosophie“ sei in den Schriften „Die Heilige Familie“ und „Die Deutsche Ideologie“ vorgezogen und erledigt worden.[10]

Ist das so?

Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich auf dem Hintergrund der drängendsten Frage unserer Zeit, der Frage unseres Verhältnisses zur Natur. Sie sollen zeigen, dass Marx dazu beitrug, Hegels Grundaussage in Misskredit zu bringen, ja vergessen zu machen, dass nach Untergang des „naturwüchsigen Gemeinwesens“[11] und Geburt der bürgerlichen Gesellschaft ein Staat notwendig wird, dessen Aufgabe es ist, beide Naturen, die „vorgefundene“ und die menschgeschaffene oder „produzierte“, zu vermitteln.   

        

Eine andere Weise der „Vermittlung“

 „Heilige Familie“ und „Deutsche Ideologie“:

Im Streit mit den Junghegelianern festigen Marx/Engels ihren eigenen philosophischen Standpunkt. Was beide Parteien eint: Hegels Philosophie nutzbar zu machen, um der  „neuen Weltform“ bürgerliche Gesellschaft ein politisches Gesicht zu geben. Wie dies seitens der Junghegelianer geschieht, zeigen die Beiträge in der der von Bruno Bauer herausgegebenen „Allgemeinen Literatur-Zeitung“. F. Engels aus der Rückschau des Jahres 1886 und anhand ihrer Hauptvertreter Strauß und B. Bauer. „[J]eder [nimmt] eine ihrer Seiten heraus und [kehrt] sie polemisch gegen die andere.“ Das sei  grundfalsch, weil konzept- und orientierungslos. Denn bei aller Kritik: damit operieren sie weiterhin innerhalb des „Systems“. Marx/Engels hingegen halten es mit Feuerbach. Dieser „durchbrach das System und warf es einfach beiseite“[12].

Nebenbei bereinigen sie den Schwachpunkt Feuerbachs: Dessen „überschwängliche Vergötterung der Liebe“[13]!  Für Marx steht fest: Da schreckt einer vor den praktischen Folgen seiner Philosophie zurück. Hier ist die „Umkehrmethode“ nicht zu Ende gebracht; hier besteht Korrekturbedarf. 

Die „Liebe“, die Feuerbach als einigendes Band zwischen Mensch und Mensch, aber auch zwischen Natur und Natur stellt, ist nichts weiter als „irdisch“ gemachter „objektiver Geist“, also ein Rest des „Systems“. Aber nicht diese „Liebe“ prägt ihr Verhältnis zueinander, sondern der Kampf. Und so ersetzt Marx die „Liebe“ durch den Kampf. Die „Thesen über Feuerbach, geschrieben im Frühjahr 1845, zeigen es: Jetzt hat Marx beide überwunden, Hegel und Feuerbach. Er hat die Methode beider für  die Praxis gewonnen - für die Praxis des Klassenkampfes.

Und was bleibt von Hegel? Seine „Methode“.

Aber Hegels Methode nötigt dazu, ständig zwei Sichtweisen einzunehmen:

-          Die Sicht der Teile auf das Ungeteilte bzw. Ganze;

-          Die Sicht des Ganzen auf die Teile.

Das „gestaltlose“ Ganze und die „gestalthaften“ Teile: sie ergeben zusammen das „Wirkliche“.[14]

Sie gehören zusammen wie Haupt und Glieder. Jetzt aber sind Hegel und seine Philosophie enthauptet. Und das Band ist zerrissen, das „primäre“ und „produzierte“ Natur bisher einte. 

Da aber das „gestaltlose“ Ganze für Feuerbach und Marx nichts als „Mystik“ ist und für sie  nur die Teile Existenz haben, müssen sie das scheinbar überirdische Subjekt der Vermittlung durch ein irdisches, das gestaltlose durch ein gestalthaftes Subjekt austauschen. Das geschieht, indem sie einem der Teile, nämlich dem tonangebenden, die Fähigkeit der „Vermittlung“ zuordnen. Und tonangebend ist jetzt die „produzierte“ Natur. Wo Hegel „vermittelt“, um die Belange des „Ganzen“ gegenüber den Teilen geltend zu machen, ist jetzt eine „Vermittlung“ installiert, die das „Ganze“ ausspart. „Vermittlung“ ja, aber nur der Teile untereinander. Allerdings gehört zu ihr, dass die Stellung der sich gegenüberstehenden Teile „keine gleiche“[15]ist.  Das eine Teil steht  nun über dem anderen. Ein Teil macht das andere Teil botmäßig. Damit ist die „Vermittlung“ für die Belange innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft produktiv gemacht; auf allen Ebenen sind die dortigen Teile ihr ausgesetzt.

Die Vermittlung ist zum Instrument des Kampfes gemacht.  

Der „Mensch“ nimmt den Platz des „objektiven Geistes“ ein. Aber nicht der „liebende“ Mensch. Marx  geht weiter: Gut und richtig, dass jetzt die „menschliche“ Natur zur Herrschaft gelangt. Aber ihr Problem: sie muss erst noch menschlich gemacht werden; nicht zuletzt auf Kosten der „primären“ Natur.  Und wie und durch wen? Durch den Kampf; er ist die Triebkraft, die die Geschichte voran bringt.

Der historische und dialektische Materialismus ist geboren. Am Ende dieser Zeit und dieser Schriften  glauben Marx/Engels, mit ihm  beide, Hegel und Feuerbach, hinter sich gelassen zu haben.

Die Entbindung vom objektiven Geist Hegels wie auch von der „Liebe“ Feuerbachs macht die Methode bindungslos. War diese bei ersteren Mittel zu einem bestimmten Zweck, wird sie von Marx von diesem bestimmten Zweck entbunden und zum Mittel für beliebige Zwecke, zur „Mehrzweckwaffe“ gemacht. Nutzten erstere die Methode, um von der Warte „objektiver Geist“ bzw. „Liebe“ die jetzigen Gegensätze zu vermitteln, so nutzt Marx sie dazu,  den Gegensatz auszufechten.

Hinzu kommt:

Im Focus der Marrxschen Vermittlung steht die Welt der Lohnarbeit und des Kapitals. Sie ist das jetzige „Substantialitätsverhältniss“; also „Notwendigkeitsverhältniss“.[16]

Noch sind  Kapital, Kapitalist und Bourgeoisie Träger der „historischen Mission“. Noch kommt ihnen zu, das Allgemeine zu vertreten. Ist die Zeit reif, geht die historische Mission auf die Gegenseite über, wird zur historischen Mission der Lohnarbeit und des Proletariats. Politisch gesehen: Die Diktatur der Bourgeoisie weicht der Diktatur des Proletariats.[17]

Der Schwerpunkt ist ausgetauscht. Der Kontext ist ein anderer. Was aus der Sicht Hegels Notwendigkeit und Vernunft gebieten, wird jetzt als Gängelei der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Mitglieder zum Vorteil einer überlebten Ordnung und ihrer Nutznießer entlarvt und an den Pranger gestellt. Der hegelsche Staat? Aus der Perspektive Feuerbachs und nun auch aus der des jungen Marx ein Gebilde, in dem „ganz verschiedene Prinzipien karambolieren“[18] und zur künstlichen Einheit geführt werden. Das eine Prinzip, glaubt er, gehöre der Vergangenheit an und habe jetzt, nach Emanzipation der bürgerlichen Gesellschaft, sein Existenzrecht verloren. Insoweit Hegel sich darauf stützt, hofiert seine Staatsphilosophie die „mittelaltrig-ständischen“ Elemente[19]. Das „ist schlechtester Synkretismus“, schlimmer noch: Ausdruck des „bösen Gewissens“[20]. Was Deutschland an „Staat“ nötig hat, zeigen Frankreich und England. Dort existiert bereits, was auch im verspäteten Deutschland auf der Tagesordnung steht: bürgerliche Gesellschaft und Parlamentsstaat. Der  Staat, dessen Vermittlungstätigkeit  in den §§ 257 ff. seiner „Rechtsphilosophie“ entfaltet wird, wird aus ihrer Sicht zum unentschuldbaren Kniefall Hegels vor seinem Dienstherrn.

 

Wie vom Erdboden verschluckt: Das „Gemeinwesen“

Hegel lebt in einer Zeit des Umbruchs. Vor seinen Augen haucht auch im verspäteten Deutschland das „naturwüchsige Gemeinwesen“, dieser Zusammenschluss beider Naturen bei Vorherrschaft der „primären“ Natur, seinen Geist aus – und mit ihm seine Institutionen. Das ist die Stunde der „produzierten“ Natur. Sie wird frei und gibt sich einen Namen: bürgerliche Gesellschaft. Ein Ereignis erster Ordnung. Das Ende der Vorgeschichte. Und scheinbar verbindet es sich mit einer „Umkehrung“: herrschte bisher die „primäre“ Natur vor, so nun die „produzierte“.  

Eine „vom ‚Staat‘ unterschiedene neue Weltform“[21]nimmt den Platz des „Gemeinwesens“ ein.  „Es ist hier nun nicht mehr der politische Staat als zwei entgegengesetzte Wesen vorhanden, sondern auf der einen Seite steht der politische Staat (Regierung und Fürst) und auf der andern die bürgerliche Gesellschaft in ihrem Unterschied vom politischen Staat. Damit ist auch der politische Staat als Totalität aufgehoben.“[22]

Hatte der bisherige Staat seinen Grund im „naturwüchsigen“ Gemeinwesen, so scheint seine weitere Existenz jetzt grundlos geworden zu sein. Auf der Tagesordnung scheint ein Staat neuen Typs zu stehen: der „Gesellschaftsstaat“.

Wie reagiert die Philosophie darauf?

Sie scheint als klassische Philosophie, als Philosophie des „Gemeinwesens“, an ihr Ende gelangt zu sein. Was stattfindet, diese „Umkehrung“, wird von ihren Vertretern mehrheitlich nicht nur hingenommen, sondern bejaht und als „Freiheit“ gefeiert. Ihr bisheriger Gegenstand „Gemeinwesen“ wird ausgetauscht gegen die Gegenstände „Gesellschaft“ und – soweit die „primäre“ Natur jetzt nicht generell den Naturwissenschaften überantwortet wird – „äußere Natur“. Ein Austausch, der Marx zur Unterscheidung in einen „historischen“ und einen „dialektischen“ Materialismus führt.

Der einheitliche Gegenstand geht verloren. Die Philosophie spiegelt wider, was in der Praxis geschieht: die Auflösung des Verbundes beider Naturen.

Nun, da das/dieses „Ganze“ gestrichen ist, stehen wir vor seinen Teilen, die als „Totalitäten“ oder „Extreme“ wahrgenommen werden. Und wenn man sich an Marx hält gilt für sie:  „Wirkliche Extreme können nicht miteinander vermittelt werden, eben weil sie wirkliche Extreme sind.“[23]

Was zwischen ihnen stattfindet ist bloße Wechselwirkung. Aber von ihr sagt Hegel, dass sie die „Forderung der Vermittlung … unbefriedigt“[24] lässt?

Die „Vermittlung“ ist nicht aus der Welt – auch für Marx nicht. Aus der Welt ist für ihn nur die alte,  vom „Ganzen“ ausgehende, Art; sie wird ersetzt durch die „übergreifende Vermittlung“. 

Damit bricht er mit Hegel. Was sich jetzt vollzieht ist aus dessen Sicht nicht der Übergang von einem „naturwüchsigen Gemeinwesen“ zu einer von der „primären“ Natur abgetrennten Gesellschaft, sondern der Übergang von ersterem zu einer/seiner „Vernunftgestalt“. Nur das „naturwüchsige“  „Gemeinwesen“ verlässt die Geschichte, nicht das „Gemeinwesen“ selbst. Was bisher durch „Blut und Boden“ vermittelt wurde, wird jetzt durch die Vernunft vermittelt. Ein Gemeinwesen steht auf der Tagesordnung,, das sich weiterhin als die Einheit zweier Naturen versteht, aber keine Vorherrschaft kennt. Weder die der einen, noch der  anderen Natur. Ein Gemeinwesen des Miteinanders. Allerdings stellt es sich nicht von selbst her, nicht „naturgesetzlich“.  Es muss gewollt sein; es muss als „vernünftige  Institution“ von uns hergestellt werden. 

Was bislang über den „Organismus“ biologisch geeint war, ist jetzt über das „System“ logisch geeint.  „Vernunft“ statt „Blut und Boden“.

Hegel bleibt ungehört. Statt die bisherige Geschichte der Vorherrschaft einer Natur vor der anderen in eine Geschichte ihres Miteinanders zu überführen,  wird jetzt die Geschichte fortgesetzt als die Geschichte nur der einen Natur. Das heißt aber, dass die bisher einheitliche Welt „halbiert“ wird; halbiert in „Subjekt“ und „Objekt“. Die Welt ist jetzt, als „Gesellschaft“, die von der „primären“ Natur abgeschiedene Welt (nur) des Menschen. Damit ist die „primäre“ Natur entsubjektiviert. Die Freiheit der „produzierten“ Natur gerät ihr zur Unfreiheit. Sie wird Objekt der Ausbeutung. Ihr widerfährt jetzt, was Marx so umschreibt: „Also Explorieren der ganzen Natur … Exploration der Erde nach allen Seiten“[25].

Vernunft! Nur sie kann verhindern, dass die „primäre“ Natur zum Untertan gemacht, dass sie nach Belieben geplündert und zerstört, dass sie der Gier der „produzierten“ Natur und ihrer Mitglieder ausgeliefert wird. Die „primäre“ Natur  darf nicht Freiwild werden. Denn wahr ist und bleibt, dass sie die Grundlage alles Lebens ist.  Mag es auf dem ersten Blick auch so aussehen, als würde eine ausgleichende Gerechtigkeit walten. Aber die Umkehrung des Verhältnisses ist grundfalsch; sie widerspräche auch dem längerfristigen Interesse der „produzierten“ Natur.

Aber „Vernunft“ passt nicht in das jetzt vorherrschende Weltbild, auch nicht in das von Marx. Hegel stößt auf Unverständnis, ja auf erbitterten Widerstand. Während die Mehrzahl seiner Kritiker deshalb den ganzen Hegel verwirft, erkennt Marx wenigstens den Wert seiner „Methode“, trennt sie von dem „unwertigen“ System und macht sie zur Methode seines historischen und dialektischen Materialismus. Klassenkampf ist der Kampf der Zeit. Der Kampf der Naturen ist hingegen für alle Zeiten zugunsten der „produzierten“ Natur entschieden. Eine Folge: Der „Gemeinwesenstaat“  Hegels ist tot und begraben. Nichts ist überflüssiger und störender als er. Nur Gestrige halten an ihm fest.  Der Blick ist auf England, auf Frankreich, auf die USA gerichtet. Dort hat er sich längst etabliert – der „Gesellschaftsstaat“. Dorthin muss auch Deutschland gelangen. Aber Hegel? In seiner „Reformbill-Schrift“[26] äußert er sich deutlich genug. Was sich dort als Staat ausgibt, sind für ihn bloße „Not- und Verstandesstaaten“.

Hegel „will, dass das ‚an und für sich Allgemeine‘, der politische Staat, nicht von der bürgerlichen Gesellschaft bestimmt wird, sondern umgekehrt sie bestimmt.“[27] Doch das „Allgemeine“ hat jetzt keinen Fürsprecher mehr – nicht in der Theorie, schon gar nicht in der Praxis. Auf allen Ebenen des menschlichen Daseins führt die „Umkehrmethode“ dazu, dass der Zusammenhang mit der „primären“ Natur gekappt wird.

Fazit:

Die „menschliche“ Natur und der „menschliche“ Mensch Feuerbachs gehen aus der Verleugnung der „vorgefundenen“ Natur und des „tierischen“ Menschen hervor. Die Folge: eine Halbierung der Wirklichkeit, die sich paart mit einer Verdoppelung der Untersuchungsgegenstände.. Letztere werden aus ihren Zusammenhängen gerissen, von ihrer Herkunft getrennt. Ihr Gemeinsames gerät in Vergessenheit. Und wurde Hegel ein „erdichtetes“ Ganzes zugeschrieben, so geht es jetzt darum, den Teilen  Herkunft  und Eigenschaften anzudichten, die konform gehen mit den jetzigen „gesellschaftlichen“ Zuständen. Auf der Ebene der Allgemeinheit ist es der Staat beider Naturen, dem auf diese Weise der Boden entzogen und der durch den „Gesellschaftsstaat“ ersetzt wird. Und wo ein Gierke[28] den Nachweis erbringt, dass die Unternehmung ihrem Stamm  in der „Wirtschaftsfamilie“ hat, steuert Marx einen Beitrag bei, der die Herkunft der modernen kapitalistischen Unternehmung aus der Zirkulation belegen soll.[29].

„Umkehrung“. So ist es und so bleibt es.

 

Kurswechsel in Sachen Natur

a)      Natur und Naturrecht

Gewinner der „Umkehrmethode“ ist die „produzierte“ Natur und der Mensch als „Person“. Verlierer ist die „primäre“ Natur und der Mensch, soweit er Teil von ihr ist. Das einigende Band ist durchschnitten. Waren beide bisher je Subjekt/Objekt einer „Einheitsnatur“, so wird aus der „produzierten“ jetzt das alleinige Subjekt und aus der „primären“ Natur das alleinige Objekt. Übertragen auf das Recht, dass sich ja als das Recht der Natur, als Naturrecht, versteht: Alles Recht ist jetzt das Recht der „produzierten Natur. Sie muss  nicht mehr mit der „primären“ Natur teilen; sie ist jetzt alleiniges Rechtssubjekt.

Ein neuer Begriff von „Recht“ ist geboren.[30]

Was aber im Großen, auf der Ebene der Naturen, ein Verlust ist, wird auf der Ebene des Menschen als die große Errungenschaft gefeiert. Denn da der real existierende Mensch unteilbar ist, scheint er der Gewinner zu sein, weil nun der ganze Mensch dieser Natur, die jetzt das Sagen hat, zugeschlagen wird. Jeder Mensch ist jetzt Person; „Person“ steht jetzt für „Mensch“. Halleluja!

Das bisherige Naturrecht,  das Recht beider Naturen, ist vom Sockel gestoßen. Das Recht ist auf die „produzierte“ Natur übergegangen. In Abgrenzung vom bisherigen, dem „älteren“, Naturrecht spricht man daher jetzt von dem „jüngeren“ Naturrecht.

Da bisher das Verhältnis beider Naturen im Mittelpunkt stand, dieses Verhältnis nun aber kein Rechtsverhältnis mehr ist, tritt die Natur selbst in den Hintergrund. Handelnde Objekte der „primären“ Natur sind ihre Mitglieder, die „Personen“. Sie gebrauchen das Recht.  Warum bei dieser Sachlage überhaupt noch von „Naturrecht“ reden? Es ist daher nur konsequent, wenn der Begriff jetzt überhaupt fallengelassen wird. Das Recht der „produzierten“ Natur ist das Recht ihrer Atome; diese sind jetzt die Rechtssubjekte. Auf sie ist das Recht übertragen, die andere Natur zum Objekt individueller Aneignung, damit auch zum Rechtsobjekt zu machen.

Statt Naturrecht nun Recht - eine Verkürzung, die in Deutschland maßgeblich auf Savigny[31] zurückgeht. „Recht“ meint jetzt die Summe der Rechtsverhältnisse, die die Atome der „produzierten“ Natur untereinander eingehen. Was eben noch „ Naturrecht“ hieß, ist jetzt das bürgerliche Recht. Die frühere „Rechtsstellung“ beider Naturen im Rahmen einer „Einheitsnatur“ ist beseitigt. An ihre Stelle sind das Recht hier und die Pflicht dort getreten; alle Rechte sind hier, alle Pflichten dort konzentriert.  

Und Marx; billigt er die Umkehrung des Verhältnisses der beiden Naturen zueinander?

Ein weiteres, ebenfalls mehr  der Selbstverständigung dienendes als zum Druck gedachtes Werk entsteht: die Ökonomisch-philosophischen Manuskripte des Jahres 1844[32]. Hier ist viel von Natur die Rede. Allerdings von jener „menschlichen Natur“, die Marx von Feuerbach übernommen hat. Von einer Natur also, die den Unterschied zur Natur der Tiere betont. Auf diese Natur bezogen, fragt Marx: Ist sie auch tatsächlich menschlich organisiert? Nein! Dazu muss sie im Rahmen einer revolutionären Umgestaltung erst gemacht werden.

Wer übersieht, dass Marx den verengten Naturbegriff Feuerbachs verwendet, missdeutet seine Aussagen so, als ergreife er Partei für die „primäre“ Natur bzw. als ginge es ihm und dem bereits in den Blick genommenen Kommunismus um die Aussöhnung des Menschen mit dieser Natur. Prominentes Beispiel: E. Bloch.  Mitte der 50-er Jahre des 20. Jahrhunderts waren ihm die Aussagen in den ÖPM Grund, Marx zu  einen Vordenker der modernen Naturfrage zu erklären und an die Führung der jungen DDR zu appellieren, von dem ausbeuterischen Verhalten auch der neuen Gesellschaft gegenüber der „primären“ Natur abzulassen.

Wie ein Mann wenden sich seine parteitreuen Kollegen[33] gegen ihn:

„Freilich, häufig finden wir bei den Marxisten Formulierungen wie z.B. ‚Die Natur rächt sich‘ oder ‚Die Natur hat selbst den Reichtum geschaffen‘: Ein Vertreter des dialektischen und historischen Materialismus wird daraus nie folgern, es handle sich hier um einen von der Natur bezweckten, auf die menschliche Produktion bezogenen Prozess.“ Zu interpretieren seien solche Aussagen wie folgt: Der Architekt darf nicht die Gesetze der Statik, der Techniker darf nicht die Gesetze der Mechanik verletzen – sonst rächt sich die Natur. Nicht aber dürfen sie verstanden werden in dem Sinne, dass die Natur sich generell für ihre Inanspruchnahme durch den Menschen rächt. Wenn Bloch also auch der sozialistischen Gesellschaft ein „ausbeuterisches bzw. „kapitalistisches“ Verhältnis zur Natur unterstellt, so ist ihm entgegenzuhalten: Dieses Verhalten ist das „einzig mögliche reale Verhältnis zur Natur.“[34]

Solche Rüffel und Belehrungen, gepaart mit den zum Einsatz gebrachten administrativen Mitteln,  markierten bekanntlich das Ende der Laufbahn Blochs als DDR-Wissenschaftler.

Aus der Sicht der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit geschah Bloch damals Unrecht. Aber wer hatte in der Sache recht?

Auch die ÖPM, auf die sich Bloch stützt, entstanden unter dem Eindruck und in Anwendung der „Umkehrmethode“. Zwar heißt es dort u.a:

„Die Natur ist der unorganische Leib des Menschen“. Aber schon im Nebensatz schränkt er ein: „soweit sie nicht selbst menschlicher Körper ist.“[35] Gesagt ist damit, dass die „primäre“ bzw. „vorgefundene“ Natur menschlicher Leib nur im biologischen, nicht jedoch im ökonomisch-philosophischen Sinne ist.

Der Anschlusstext zeigt, was überwiegt, was den Ton angibt:

Der Mensch erzeugt aus dem Material der „primären“ Natur eine eigene, seiner Gattung gemäße, Natur; eine Natur, in der sein Gattungsleben vergegenständlicht ist.[36]

Sie also steht im Vordergrund: die menschgeschaffene Natur. „Nur der durch menschliche Arbeit bedingten Natur, nicht der Natur an sich, galt sein Interesse“[37]. Was Marx an dieser Natur aber bemängelt: Sie ist derzeit kapitalistisch, also unmenschlich organisiert. Sie muss erst menschlich gemacht werden. Und er weiß bereits wie: Durch Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und Beseitigung der Ausbeutung fremder Arbeitskraft. Das ist für ihn durchgeführter  Naturalismus des Menschen, der so zum durchgeführten Humanismus der Natur führt.

So ist es auch mit anderen Passagen, die auf die Naturfrage Bezug nehmen. Richtig ist nur, dass der junge Marx der ökologischen Problematik insofern noch näher steht als der spätere  Marx, der sich  „irdischen“ Ersatz für diel vermeintlich „überirdischen“ Bezugsgrößen der Hegelschen Philosophie geschaffen hat, als er Hegel noch nicht überwunden hat. Was wir hier, in den ÖPM, finden sind also Atavismen, die sich geltend machen, weil er die „Umkehrmethode“ noch nicht konsequent genug zu handhaben weiß.

b)      Die Natur als „Proviantkammer“

Der „Stoffwechsel“ von Natur zu Natur, dieser Austausch ohne Gegenleistung, tritt in eine neue Phase; er steigert sich zum Raubbau an der „primären“ Natur.

Dagegen hat Marx nichts einzuwenden.

Im „Kapital“ bezeichnet er die Erde als die „Proviantkammer“ des Menschen. „Die Erde …, wie sie den Menschen ursprünglich mit Proviant, fertigen Lebensmitteln ausrüstet, findet sich ohne sein Zutun als der allgemeine Gegenstand der menschlichen Arbeit vor. Alle Dinge, welche die Arbeit nur von ihrem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erdganzen loslöst, sind von Natur vorgefundne Arbeitsgegenstände. So der Fisch, der von seinem Lebenselement, dem Wasser, getrennt, gefangen wird, das Holz, das im Urwald gefällt, das Erz, das aus einer Ader losgebrochen wird.“[38]  Äußerungen wie diese trägt  Marx vor, ohne dass  er eine kritische Distanz erkennen lässt. So ist es eben. Dazu ist die Natur da. Der Atheist Marx nimmt hier einen ganz und gar alttestamentarischen Standpunkt ein

Der Mensch verproviantiert sich ohne zu bezahlen! Er bezahlt nur für die Auffindung, Bergung und nachfolgende Verarbeitung – nicht für den „Naturstoff“ selbst.. Zweck des Produzierens ist es, den Reichtum der einen zum Reichtum der anderen Natur zu machen. Nur das unterscheidet die kommunistische von der kapitalistischen Art der Naturaneignung: Zugute kommen sollen ihre Resultate nicht nur einigen, sondern allen Menschen[39].

Wird der Kapitalist also reich, weil er die Natur plündert oder deshalb, weil er die Arbeitskraft seiner Arbeiter ausbeutet?

Es gehört zur „Umkehrmethode“, dass auch die sozial-ökonomische Kategorie „Ausbeutung“ von der „Gemeinschaft“ in die „Gesellschaft“ verlegt und damit zu einem rein innergesellschaftlichen Problem gemacht wird. Die Nutzung des Menschen als „lebendiges Arbeitsinstrument“[40] über die „Lohnarbeit“  wird zum Generalfall der Ausbeutung erhoben. Darauf bezieht sich eines der Herzstücke der Marxschen Lehre, die Mehrwerttheorie. Sie stellt die menschliche Körperkraft in die Mitte. Und zweifellos nimmt die körperliche, in der Fabrik verausgabte, Arbeit und ihre Ausbeutung damals und noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein, eine zentrale Rolle ein. Aber was ist mit der Arbeit, die der Erfinder, der Konstrukteur leistet? Welche Bedeutung hat die Arbeit, die bei der Planung, bei der Organisation, bei der Leitung der Produktion verausgabt wird? Was ist mit der Arbeit, die fernab der unmittelbaren Produktion geleistet wird, etwa die des Lehrers?

Wie anders geht hingegen Hegel an das Thema heran! Er fasst unter „Arbeit“ alle „Geschicklichkeiten“[41], die, unabhängig von ihrer Nähe oder Ferne zur unmittelbaren Produktion, im Rahmen des gesellschaftlichen „Gesamtarbeiters“ zum  Einsatz kommen. Und gibt ihm darin nicht unser heutiger Zustand recht, der mehr und mehr davon geprägt ist, dass die in der unmittelbaren Produktion zu leistende Arbeit von Robotern erbracht wird. Spätestens wenn dort nur noch der Roboter arbeitet, wird sich die Frage stellen: Wer erzeugt  jetzt den Mehrwert?

Nur für jene Naturkraft, die als „Lohnarbeit“ zum Einsatz kommt, soll gelten, dass sie  selbst Wert hat und „Mehrwert“ hervorbringt. Ihre Ausbeutung unterliegt Nachhaltigkeitsgesichtspunkten.  Wenigstens soviel muss für sie gezahlt werden, um ihren Bestand zu sichern. Hier ist die Grenze gesetzt; eine Grenze, die Marx den Kräften der „primären“ Natur nicht zubilligt. Ihr Wert ist in seinem ökonomischen Rechenwerk mit Null angesetzt.         

Der von Marx übernommene enge und durch die Automatisierung der Produktionsabläufe zunehmend unglaubhaft gewordene Begriff von „produktiver Arbeit“ geriet zunehmend auch in Erklärungsnot, als sich weltweit das Bewusstsein davon verdichtete, dass die Ausbeutung der Natur langsam aber sicher Dimensionen erreicht, die den Fortbestand der Schöpfung infrage stellt. Von daher scheint es kein Zufall zu sein, dass der Marxismus als ideologische Basis eines Gesellschaftsmodells seinen Kredit verspielt, als die Umweltfrage sich machtvoll in das Bewusstsein der Massen drängt. Und wenn auch das Denken und Handeln in den bürgerlichen  Gesellschaften des Westens der Bedeutung des Problems nicht gerecht wird, so steht einem entschiedenerem Handeln dort nicht jenes Ausmaß an ideologischer Verbohrtheit im Wege wie in den Ländern des realen Sozialismus. Man kann so sagen: hier wurde die „Umkehrmethode“ ernst genommen. Not und Ideologie, diese unheilvolle Paarung, führte zu einer in Europa beispiellosen Plünderung der Natur. Die Dogmatisierung eines Arbeits- und  Leistungsbegriffs, der auf jene Arbeit und jene Leistung abstellt, die in der unmittelbaren Produktion erbracht wird, führte dazu, dass der technisch-technologische Abstand zu den Industriegesellschaften des Westens sich nicht verringerte, sondern stetig größer wurde. Letzten Endes ging auch das zu Lasten der Natur.

Fassen wir die Ausführungen unter a) und b) zusammen:

Wenn auch in guter oder bester Absicht: Bloch lag falsch, als er Marx zu einem Vorreiter der „Naturfrage“ machen wollte. Zu diesem Ergebnis gelangt auch  A. Schmidt[42]; auch er zweifelt daran,  dass Marx – jung wie alt – zu den Vorläufern der ökologischen Fragestellung zu zählen ist. Nicht zu übersehen seien beim jungen Marx zwar „natur-romantische“ Aussagen. Diese seien aber später mehr und mehr durch „ökonomiebetonte“ Aussagen verdrängt worden. . „Von einer ‚Resurrektion‘ der gesamten Natur ist bei ihm später nicht mehr die Rede.“[43] Er fasst zusammen: Was die im frühen und mittleren Marx „angelegte Naturspekulation genannt worden ist, stellt nichts anderes dar als den sein gesamtes Werk durchziehenden Versuch, in immer neuen und zum Teil merkwürdig biologischen Metaphern die wechselseitige Verschränkung von Natur und Gesellschaft innerhalb des naturalen Ganzen auf den Begriff zu bringen. Den im ‚Kapital‘ sich identisch durchhaltenden Ausdruck ‚Stoffwechsel‘ scheint Marx schließlich für die beste Formulierung gehalten zu haben.“[44]

In der Sache hatten Blochs Kritiker recht. Marx war nicht der, zu den Bloch ihn machen wollte. Er ist  kein Naturfreund im Sinne der ökologischen Fragestellung. Wenn in den Frühschriften die Naturfrage anklingt, denn mehr als Restbestand alten Denkens. Denn schon hat sich Marx entschieden. Er hat „ohne jeden Vorbehalt die diesbezüglichen Hinweise der ‚Vorläufigen Thesen zur Reform der Philosophie‘ in seine Kritik des Hegelschen Staatsrechts (von 1843) aufgenommen.“[45]Die Entfernung von Hegel zeigt sich in seinem Werk eher als eine Wegbewegung von der ökologischen Fragestellung. Der „reife“ Marx hat sie hinter sich gelassen. Er lässt F. Engels für sich sprechen: Natur? Davon gibt es auf lange Zeit genug. Vereinzelten Hinweisen auf die Endlichkeit ihrer Ressourcen waren ihm „konservative Vorbehalte“, denen er entgegensetzt:  „Wir befinden uns jedenfalls noch ziemlich weit von dem Wendepunkt entfernt, von wo an es mit der Geschichte der Gesellschaft abwärtsgeht“.[46]

 

Die Ökonomie der „produzierten“ Natur ist jetzt in einem nie gekannten Ausmaß von der „primären“ Natur und deren Nutzung abhängig. Gleichzeitig ist letztere rechtlos gemacht. Ökonomie und Recht fallen auseinander. In den „Grundrissen“ ist diese Sachlage  mehrfach als Fragestellung, als abzuarbeitendes Problem angesprochen.

„Der eigentlich schwierige Punkt, hier zu erörtern, ist aber der, wie die Produktionsverhältnisse als Rechtsverhältnisse in ungleiche Entwicklung treten. Also z.B. das Verhältnis des römischen Privatrechts … zur modernen Produktion.“[47]

Leider bleibt dieser „schwierige Punkt“ weitgehend unbearbeitet.

 

 „Umkehrmethode“ und Staat

Mit dem Wechsel vom „Gemeinwesen“ zur „Gesellschaft“, mit dieser „Umkehrung“ und „Halbierung“, verbindet sich auf allen Ebenen des Daseins eine Neuordnung der Institutionen. Hauptbetroffene: „Staat“, „Wirtschaftsfamilie“ und „Mensch“. Beschränken wir uns auf den Staat. Gehen wir der Frage nach, was Marx zu ihm zu sagen hat, nachdem er zu seiner eigenen Methode gefunden hat. Und prüfen wir am Kriterium „Praxis“, was sich im „realen Sozialismus“ an „Staat“  zeigte.

In der DDR war es K. Polak, der aus aktuellem Anlass die Parole ausgab, Marx habe im „18. Brumaire des Louis Bonaparte“ das „letzte Wort“ zum Staat gesprochen.[48]Der aktuelle Anlass war der XX. Parteitag der KPdSU, der im sozialistischen Lager, auch in der DDR, Hoffnungen geweckt hatte, u.a. die Hoffnung, dass nun die Staatsfrage wieder diskutierbar geworden sei. Lud die Formulierung, der Sowjetstaat sei dabei „Staat des ganzen Volkes“ zu werden,  nicht dazu ein, z.B.  das von Marx vorausgesagte „Absterben“ des Staates beim Übergang von der sozialistischen zur kommunistischen Phase zu thematisieren?

Die Führung der DDR sah das nicht so. Sie setzte ein Stoppzeichen. Das geschah im Februar 1958 in Babelsberg. Als Hauptakteure und „Marschbläser“ traten auf: W. Ulbricht und – im Hintergrund - K. Polak.

Soweit dazu.[49]

Der18. Brumaire des Louis Bonaparte. Diese Schrift, von Marx geschrieben und publiziert 1852, enthält eine Analyse der revolutionären Ereignisse im Frankreich der Jahre 1848-1851. Wohin haben diese geführt? Was ist das für ein Staat, dem Napoleon III. vorsteht? Und von welcher Position urteilt  Marx über ihn?

Er erwähnt die „ökonomischen Tatsachen“. Längst haben diese das „Freiheitsgeschrei“[50] aus der Zeit der ersten Revolution mundtot gemacht. Längst sind Diderot und Rousseau zum Schweigen gebracht. Die jetzigen „Sprachführer“ der bürgerlichen Gesellschaft sind die „Says, Cousins, Royer-Collards und Guizots“. Die jetzigen „Heerführer“ sitzen „hinter dem Kontortisch“.[51]

Passt der jetzige Staat zu diesen ökonomischen Tatsachen? Immerhin überführt der Staatstreich den  Staat einer lupenreinen Bourgeoisie-Gesellschaft in einen Staat, der sich seiner Gesellschaft gegenüber scheinbar verselbständigt hat.

Dieser Staat ist der „Sieg Bonapartes über das Parlament, der Exekutivgewalt überhaupt über die Legislativgewalt, der Gewalt ohne Phrase über die Gewalt der Phrase.“[52]

Er ist die zum Staat erhobene Exekutivgewalt.

Aber wenn jede Gesellschaft eine Klassengesellschaft ist. Auf welche Klasse stützt sich dieser Staat?

Nun, auch dieser Staat „schwebt … nicht in der Luft. Bonaparte vertritt eine Klasse, und zwar die zahlreichste Klasse der französischen Gesellschaft, die Parzellenbauern.“ 

Ihre Besonderheit: Diese Parzellenbauern sind „unfähig, ihr Klasseninteresse im eigenen Namen, sei es durch ein Parlament, sei es durch einen Konvent geltend zu machen. Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden. Ihr Vertreter muss zugleich als ihr Herr, als eine Autorität über ihnen erscheinen, als eine unumschränkte Regierungsgewalt, die sie vor den anderen Klassen beschützt und ihnen von oben Regen und Sonnenschein schickt.“[53]

Bonaparte stützt sich auf eine Klasse, die selbst nicht herrscht, sondern für die geherrscht wird. Er „repräsentiert nicht den revolutionären, sondern den konservativen Bauern.“[54]

An anderer Stelle bezeichnet er diese Klasse als „Mittelklasse“; Bonaparte ist ihr Repräsentant und regiert „in diesem Sinne.“[55]

Natürlich ist dieser Staat nicht der „vollständige und endgültige Triumph des Sozialismus“, wie Guizot[56] meint.  Er hat rein gar nichts mit dem zu tun, was Marx unter „Sozialismus“ versteht. Und doch. Die Bemerkung  Guizots zielt auf etwas ab, was bisher fehlte und jetzt hinzu kommt: das „sozialstaatliche“ Element.

Der gerade gestürzte „Parlamentsstaat“ kannte es nicht. Er verstand sich als bloßer Rechtsstaat und - ökonomisch gesehen – als wirtschaftsliberaler Staat; als Staat einer Gesellschaft, in der der Proletarier zwar frei war, aber sonst wenig zu lachen und zu beißen hatte. Aber auf Dauer kann die bürgerliche Gesellschaft so nicht überleben[57]. Die reine Bourgeoisie-Herrschaft, ausgeübt durch ein Parlament, dessen Abgeordnete infolge eines rigiden Zensus-Wahlrechts nur einen Bruchteil der Bevölkerung repräsentiert, trägt den Keim der Selbstzerstörung in sich, ist also nicht einmal im objektiven Interesse der dort Herrschenden. Deswegen und weil ihr bereits eine organisierte Arbeiterklasse im Nacken sitzt, wird in den Führungsstaaten des Kapitalismus das „sozialstaatliche“ Element „fällig“ und auf die eine oder andere Weise dem reinen Rechtsstaat beigefügt.[58]  

Was Bonaparte installiert ist also ein Staat, der ein dringendes Bedürfnis der französischen Gesellschaft befriedigt. Der Staat einer „indirekten Herrschaft der besitzenden Klasse“[59]. Ein Staat, der sich den Anschein gibt, über den Klassen zu stehen.

Und Marx? Er mag es schon damals geahnt haben: Der sozialstaatliche Kapitalismus ist der Tod der Revolution. Deshalb steht er auf Seiten des gestürzten Staates. Das  sozialstaatliche Element? Nichts als ein der Revolution abträglicher Fremdkörper. Ein satter Bauch revolutioniert nicht gerne. Um wie viel schwerer wird es sein, das Proletariat zu mobilisieren, wenn der Antrieb fehlt. Der wirtschafts-liberale Staat: Ein Treibhaus für Revolution und Bürgerkrieg. Ein Staat, von dem es von daher nicht genug geben kann. Deshalb favorisiert ihn der Marx dieser Zeit. Sein Credo: Je mehr Liberalismus, je mehr Manchestertum, umso kürzer der Weg zur Revolution.[60] 

Fünfzehn Jahre trennen den „18. Brumaire“ und das „Kapital“. Und wie schon erwähnt: Es gab (nicht nur in der DDR) Wissenschaftler, die angesichts des politischen Frühlings, der nach Stalins Tod angebrochen schien, meinten, diese Zeit müsste Marx auch zu veränderten Aussagen zum Staat geführt haben und anregten, den im „Kapital“ angelegten Staatsbegriff sichtbar zu machen. Aber gerade ihnen galt die Parole bzw. Warnung.  Polak hatte lange genug im Dunstkreis Wyschinkis zugebracht, um zu wissen, wie gefährlich, gefährlich für beide Seiten, es war, den Staat zu hinterfragen. Man denke an E. Paschukanis und dessen Versuch, die Metapher  vom „Absterben“ von Staat und Recht auf die Verhältnisse der jungen Sowjetunion anzuwenden. Eine noch  heute lesenswerte Arbeit erstand, deren Aussagen ihrem Autor aber, weil zunehmend in Widerspruch zur sowjetischen Realität stehend, die Erschießung im Jahre 1937 einbrachte. Nun war Paschukanis zwar im Rahmen der Entstalinisierung rehabilitiert. Aber auch sein Werk? Das war ungewiss. Die Parole Polaks brachte insoweit Klarheit. Die Person war rehabilitiert, das Werk nicht.

Die Erschießung des „Staatsleugners“ Paschukanis fällt nicht zufällig in das Jahr 1937. Zwei Jahre zuvor traf die KPdSU folgende Feststellung: Die „kapitalistischen Elemente“ sind in der Sowjetunion restlos liquidiert. Das „sozialistische System [hat] auf allen Gebieten der Volkswirtschaft gesiegt“.[61] Die „Machtfrage“ ist entschieden. Die Zeit ist reif, die alte Verfassung aus 1924 durch eine neue, durch die „Stalinsche“ Verfassung des Jahres 1936, zu ersetzen.

Nach Marxscher Lehre hatte der vorhandene Staat, die Diktatur des Proletariats, damit seine Aufgabe erfüllt; er war überflüssig geworden. Folglich „war zu einer dringenden, nicht mehr zu umgehenden Frage geworden: Ist der Staat  in der Sowjetunion im Absterben? Wenn nicht, weshalb nicht?“[62]

Das Gegenteil zeigte sich. Der Staat starb nicht ab, sondern blühte auf. Ab jetzt bis zum Ende des „realen Sozialismus“ galt die von der Partei vorgegebene Formel von der „wachsenden Rolle und Bedeutung“ des sozialistischen Staates. Und jeder, der vom Absterben des Staates sprach, war jetzt ein Staatsfeind, gehörte zu denen, die  den „antiparteiliche[n], schädliche[n] ‚Theorien‘ vom Absterben von Staat und Recht“ das Wort redeten.[63] Wer es trotzdem tat, musste um sein Leben fürchten. Und wer es bereits getan hatte, wie E. Paschukanes, büßte es ein.

Was sind die Gründe, was sollte verborgen bleiben?

Blicken wir auf die Sowjetunion.

Wieweit ist Russland 1917 hinter den fortgeschrittenen Ländern zurück? 100 Jahre oder noch mehr? Und wo steht die Sowjetunion nach einem verheerenden Bürgerkrieg und trotz imponierender Aufbauleistungen im Jahre 1936?[64]

Jedenfalls nicht dort, wo die Partei sie sieht.

Ziehen wir Lenin zu Rate. Die Schriften seiner letzten Lebensjahre sind von der Besorgnis geprägt, dass die Revolution von der Bürokratie, von der Unkultur, vom Kleinbürgertum erstickt wird. Das Proletariat der Revolutionszeit, ohnehin nur in wenigen Zentren konzentriert, ist durch Krieg und Bürgerkrieg nahezu aufgerieben. Vorhanden ist ein Proletariat, das „aufgehört hat, als Proletariat zu existieren.“ Auf wen aber stützen sich Partei und Staat? „Will man nicht vor der Wirklichkeit die Augen verschließen, so muss man zugeben, dass gegenwärtig die proletarische Politik der Partei nicht durch [das alte, kampferprobte Proletariat], sondern durch die gewaltige, ungeschmälerte Autorität jener ganz dünnen Schicht bestimmt wird, die man die alte Parteigarde nennen kann.“[65]

Die Industrialisierung der End-Zwanziger und Dreißiger Jahre bringt zwar eine neue Arbeiterschaft hervor. Aber sie rekrutiert sich aus einer Landbevölkerung, die, wie die Parzellenbauern, auf die sich Bonaparte stützte, nicht dem revolutionären, sondern dem konservativen Teil des Volkes angehört. Nicht der revolutionäre, sondern der konservative Arbeiter prägt das Bild der jetzigen Arbeiterklasse. Massen bevölkern die Städte und Fabriken, die weit entfernt sind vom Wissen um ihre „historische Mission“. Sie sehen in der Partei nichts anderes als die neue Obrigkeit und in Stalin den neuen Zaren. So also ist die Lage 1936! Wie im Frankreich des Jahres 1851: Es existiert eine Klasse, die nicht regieren wollte, es nicht konnte und es auch nicht durfte. Auf sie stützt sich die Partei.

Kommen wir auf K. Polak zurück:

Sein Diktum reichte aus. Niemand gab der Versuchung nach, den im „Kapital“ angelegten Staats- und Rechtsbegriff aufzufinden.[66] Hätte man es aber getan, hätte sich ein erstaunlich klares Bild gewinnen lassen. Denn jenseits aller Ideologie hätte sich, neben einem ausgeprägten Bonapartismus, jene Sonderform des Kapitalismus gezeigt, die Lenin in vielen seiner Schriften als „Staatskapitalismus“ bezeichnet. Er war ehrlich genug, die Verstaatlichung der Produktionsmittel nicht einer Vergesellschaftung gleichzusetzen. Und er wusste auch, dass Russland über die Verstaatlichung nicht hinaus kommen würde, bliebe es mit seiner Revolution allein. Es war Stalin, der sehr bald nach Lenins Tod dieses Wissen unter der Formel vom „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ begrub[67].

1935 hatte in der Sowjetunion also nicht der Sozialismus, sondern der Staatskapitalismus gesiegt. Was diesen vom gewöhnlichen Kapitalismus trennt ist, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln hier Vielen und dort nur Einem, dem Staat, zugeordnet ist. Der angeblich „sozialistische“ Staat war zum einzigen Privateigentümer und damit zum einzigen Kapitalisten geworden Die Folge: Das von Marx im „Kapital“ so lebhaft beschriebene innerbetriebliche Regime wurde, nicht eins zu eins, aber in den Grundzügen, zum Staatsregime. Wenn also die Diktatur jetzt nicht abstarb, sondern das „Absterben“ der Formel von der „wachsenden Rolle und Bedeutung des sozialistischen Staates“ wich, hat das damit zu tun, dass die betriebliche „Direktion“ unter der Bezeichnung „demokratischer Zentralismus“ zum Staatsprinzip gemacht wurde.

Die „Macht asiatischer und ägyptischer Könige oder etruskischer Theokraten …[,] in der modernen Gesellschaft auf den Kapitalisten übergegangen“[68], lag im „realen Sozialismus“ in der Hand der Partei, noch richtiger: in der Hand einer „Führung“, zu Stalins Zeiten: in der des Führers.

Etwas frei nach F. Engels[69] formuliert:

Kein Staat ist tyrannischer als ein Staat, der nach Art einer Fabrik organisiert ist.

Während für den „gewöhnlichen“ Kapitalismus gilt, dass die „Autorität in der Werkstatt und die [Autorität] in der Gesellschaft … im umgekehrten Verhältnis zueinander“ stehen[70], ist hier die „gesellschaftliche“ Autorität der innerbetrieblichen angeglichen.

Die Sowjetunion dieser Zeit:

Ein tyrannischer, nach dem Muster eines Unternehmens organisierter und mit allen Merkmalen des Bonapartismus versehener Staat, der wegen seiner Verquickung des Ökonomischen, Sozialen und Politischen effektiver und uneffektiver Staat zugleich ist – ein Monstrum, eine Missgeburt.

Trotzki 1936: Das Regime wurde ‚totalitär‘, schon mehrere Jahre, bevor dieses Wort aus Deutschland herüberkam.“[71] Welche Worte hätte wohl ein Marx gefunden?

Die Sowjetunion war 1935 angekommen. Nicht beim Sozialismus, sondern beim Staatskapitalismus und beim „Autoritätsprinzip“[72]. Und dabei blieb sie und dabei blieb es auch in den nach dem Krieg von ihr installierten Satellitenstaaten.

Klar, dass jetzt die Staatsfrage so sakrosankt war wie der Staat selbst. Deswegen.

Ein Wort zum Recht.

Während der Staat „aufblühte“, starb das Recht tatsächlich ab. Das Privatrecht. Es verlor mit dem Bereich der Wirtschaft den Großteil seines Gegenstandsbereiches. Sein Hauptanwendungsbereich als Recht privater oder kollektiver Kapitalisten fiel mit dem Staatseigentum einer Konfusion zum Opfer.   Es verschrumpfte zu einem Recht, das  die Beziehungen der Bürger zum Handel und die Beziehungen der Bürger untereinander regelte. Mit dem Wegfall seines Kernbereichs verlor es zugleich seine einigende Kraft. Seine Rest-Masse zerfiel in ein Zivilrecht der Bürger, in ein Familienrecht, in ein Arbeitsrecht. Mit C. Schmitt gesagt: An die Stelle des bisherigen Privatrechts traten „konkrete Ordnungen“.

Was sich zeigt, ist ein „Absterben“ der besonderen, der asynchronen Art. Das Recht starb ab, der Staat blühte auf. Verständlich von daher, dass die Partei, dass die führenden Genossen, Untersuchungen zum „Absterben“ weder wünschten noch duldeten. Und im Grunde waren sie auch nicht nötig. Denn Marx hatte ja im „18 Brumaire“ tatsächlich auch den realsozialistischen Staat vorweg genommen. Ob K. Polak das sagen wollte, er also bewusst zweideutig formulierte, als er die zitierte Aussage traf?

E. Paschukanis blieb mit seiner Arbeit allein. Auch wenn hin und wieder einer der Parteiführer darauf hinwies, dass auch Marx (nur) ein Mensch war: Jeder der bei Verstand war und beruflich überleben wollte wusste schließlich, dass die Partei kein Mensch war. Und die Partei hatte immer recht! Wo sie in puncto Staat dessen „wachsende Rolle und Bedeutung“ predigte, war Marx abgemeldet, soweit er der Parteilinie entgegenstand. Selbst dort, wo Marx offenkundig nichts Abschließendes äußern wollte oder konnte, war der Spielraum denkbar gering. Die Uminterpretation des Staatskapitalismus in „Sozialismus“ hingegen überlebte Stalin und auch die angebliche Entstalinisierung.  

 

Weltstaat statt Weltrevolution

Erschöpft, genervt, enttäuscht: mit „O Jerum“ endet das Manuskript beim Paragrafen 313. Was Hegel zum „äußeren Staatsrecht“ und zur „Weltgeschichte“ zu sagen hat, bleibt unkommentiert. Schade, denn in diesen letzten Teilen, die im Übrigen bis heute in der philosophischen und juristischen Forschung nur wenig Widerhall gefunden haben, hält Hegel gerade für uns Heutige eine wichtige Botschaft bereit. Gerade hier hätte der Visionär einer kommunistischen Weltgesellschaft also fündig werden können.

Der damalige Staat war „zwei Staaten“ in einem. Als „Not- und Verstandesstaat“ ist er die politische Organisation der bürgerlichen Gesellschaft und wird folglich dort abgehandelt, wo Hegel Aussagen zu ihr trifft.[73] Zum anderen ist er der Staat beider Naturen. Ja, so ist es: Ein Staat,  der zwei geradezu  entgegengesetzte Aufgaben zu erfüllen hat, was wiederum die  höchst unterschiedlichen Institutionen und Instrumentarien erklärt, die notwendig sind, um sie unter einen Hut zu bringen. Diese doppelte Aufgabenstellung – sie ist in § 261 R, mit dessen Kommentierung der erhalten gebliebene Text des Manuskripts beginnt, deutlich genug angesprochen -: politische Organisation der beiden Naturen und politische Organisation nur der bürgerlichen Gesellschaft, gibt dem Staat eine spezifische Prägung, gibt ihm, oberflächlich gesehen, ein „mittelaltriges“[74] Aussehen. Wer, wie der junge Marx, diesen Staat nur aus der Sicht der bürgerlichen Gesellschaft beurteilt, muss befremdet sein, ja muss sich mit Abscheu von ihm wenden. Schon die Ausführungen in den §§ 257-260 R zeigen, dass Hegel diese Doppelgestalt jedem Staat attestiert. Sie ist „absoluter unbewegter Selbstzweck“(§ 258). In der Anmerkung zu diesem Paragrafen, in den Ausführungen der von Haller gewidmeten Fußnote, im Zusatz, verdeutlicht er seine Position. Zusammen mit den voranstehenden Teilen der „Grundlinien“ ist damit genug gesagt, um Missverständnisse auszuschließen. Alles ist bereits angesprochen und ausgeführt. Und das im Rahmen einer Polemik gegen die Philosophie der Aufklärung sowie der ihr in Deutschland nachfolgenden „Identitätsphilosophie“ mit ihrem Hauptvertreter Kant. Denn die Feuerbachsche „Umkehrmethode“ ist so neu nicht, als dass Hegel sie nicht bereits gekannt und als unzulänglich und irreführend kritisiert hätte. Aber das hilft ihm nicht. Aus der Sicht dieser Methode passt Hegels Staatsbegriff nicht zum Zeitgeist. Dieser drängt auf gnadenlose Ausbeutung der Natur.[75] Diese Ausbeutung ist guten Gewissens wiederum nur möglich, wenn die Natur entsubjektiviert und zum Objekt erklärt wird.

Wir leben in einer „weltbürgerlichen“ Gesellschaft! War im 19. Jahrhundert und auch noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Nationalstaat die zureichende politische Organisation der bürgerlichen Gesellschaft, so unterliegt er bereits seit Jahrzehnten dem Gericht des „allgemeinen Geistes“[76]. Selbst die größeren unter ihnen erfahren inzwischen ihre „Denationalisierung“[77]. Und mit ihm wird das „Naturprinzip“ endgültig außer Kurs gesetzt; er kann auch das Wenige an Vermittlung, das von ihm noch ausging, nicht mehr leisten. Er wird mehr und mehr von den weltweit agierenden Marktkräften in die Knie gezwungen. Eine Entwicklung, die nicht zurückgedreht werden kann und deren Folgen am schwersten die „primäre“ Natur treffen, die jetzt global dem Angriff der anderen Seite ausgesetzt ist.

 

Die Nationalstaaten, die „Völkergeister“, wie Hegel sagt, gingen aus dem Zerfall der „naturwüchsigen Gemeinwesen“ hervor.  Mit ihnen entsteht ein Mix aus „Produktionsprinzip“ und „Naturprinzip“, also kein reiner „Not- und Verstandesstaat“. „Im friedlichen Zustande“ reicht dessen Regiment aus, um die bürgerliche Gesellschaft „sittlich“ zu halten, jedoch ist es „teils nur die Weise der bewusstlosen Notwendigkeit der Sache, nach welcher ihre Selbstsucht in den Beitrag zur gegenseitigen Erhaltung und zur Erhaltung des Ganzen umschlägt …, teils aber ist es die direkte Einwirkung von oben, wodurch sie sowohl zu dem Zwecke des Ganzen fortdauernd zurückgeführt und danach beschränkt als angehalten werden, zu dieser Erhaltung direkte Leistungen zu machen“[78]. Eine damals zureichende, jetzt aber außer Kraft gesetzte, Korrektur des „Produktionsprinzips“ durch das „Naturprinzip“ findet statt.

 

Eine lokal und auch zeitlich beschränkte Lösung; keine Dauerlösung. Der Nationalstaat „hat eine Geschichte innerhalb seiner.“ Aber als „beschränkter Geist ist seine Selbständigkeit ein Untergeordnetes“. Er ist durch das „Moment geographischer und klimatischer“ Besonderheiten bestimmt“ und als so „bestimmte[r] Volksgeist“[79] objektiv nicht imstande, der Zerstörung jener Natur entgegenzuwirken, die keinem einzelnen „Volksgeist“ zugeordnet ist. Die Gegenwart zeigt uns aber: Gerade diese Natur ist in Not; und „im Zustande der Not“[80] ist mehr gefordert, nämlich das Geltendmachen der Souveränität des Staates gegen die (selbst-)zerstörerischen Kräfte, die von der weltbürgerlich gewordenen Gesellschaft ausgehen.

Mit dem Nationalstaat hat sich die Geschichte des Staates noch nicht vollendet. Er verkörpert die erste Stufe des „Vernunftstaates“, d.h. die Stufe „unmittelbare[r] natürliche[r] Prinzipien“[81]. Er ist der „Geist“ eines Volkes, aber nicht aller Völker. Doch längst zeigt sich die „Endlichkeit dieser [nationalen] Geister“[82]. Längst unterliegen sie und ihre „beschränkten Prinzipien“ einem „Weltgerichte“[83]. Der „Volksgeist wird zum „Weltgeist“.[84] Aus ihm wiederum geht jener  „Weltstaat“ hervor „dessen Recht das Höchste ist.“[85]

Der Weltstaat steht über dem „Besonderen“ als da sind: „die Penaten, die bürgerliche Gesellschaft und die Völkergeister in ihrer bunten Wirklichkeit“[86].

Er steht als ein „Drittes“[87] über den Nationalstaaten; er ist ihr „Gericht“. Dieser Staat ist das Gebot der Zeit.

 

Auch unter dem Nationalstaat war die Natur und ihr Erhalt vielerlei „Zufälligkeiten“[88] ausgesetzt. Einen mehr oder weniger umfassenden Schutz konnte sich von ihm allenfalls jene Natur erhoffen, die sich im „Privateigentum“ der jeweiligen Nation befand. Aber was ist mit den „elementarischen Gegenständen“, die „ihrer Natur nach [nicht] zu Privatbesitz partikularisiert“  werden können[89]? Was wird aus der  „Welt-Allmende“? Schon längst vollzieht sich vor unseren Augen die Tragödie der globalen Gemeingüter, wie ein Blick auf den verpesteten Luftraum, auf die überfischten und verdreckten Weltmeere und auf das Klima zeigt – und auf die Folgen daraus, die wir Jahr für Jahr deutlicher zu spüren bekommen. Ihr Schutz muss auf globaler Ebene organisiert und exekutiert werden. Längst macht der „Geist der Welt“, der „unbeschränkte“ Geist, „sein Recht“ geltend – „und sein Recht ist das allerhöchste“[90]. Er fordert uns auf, einen Staat zu errichten, der „Träger und Vollstrecker eines Rechts [ist], vor dem die Rechte aller einzelnen Staaten zurückzutreten haben, ja das geradezu einem an ihnen allen auszuübenden Gericht gleichkommt.“[91] .

 

Der „Weltstaat“ ist angesprochen.

Zu Lebzeiten Hegels war er  noch ein „schlafender“[92], ein embryonaler Geist, den die Geschichte, ist seine Zeit gekommen, „aufwecken“ und „in den Zustand eines Staates“[93] erheben wird. Hegel ist Realist. Mit Aus- und Höhenflügen ins Utopische hält er sich zurück. Mehr als grobe Konturen zeichnet er nicht.

!848, zum Zeitpunkt des Erscheinens des „Kommunistischen Manifests“, war die klassen- und staatlose kommunistische Weltgesellschaft als Konsequenz der bürgerlichen Klassengesellschaft und ihrer Nationalstaaten auch für Marx/Engels weit entfernte Zukunft, die näher zu beschreiben sie sich enthielten. Ähnliches gilt für den Hegel des Jahres 1820: auch für ihn lag der „Weltstaat“ noch weit in der Zukunft. Der „Weltgeist“ muss erst “Objektivität … in Gesetzen“ und Institutionen erlangen, ehe er sich „in den Zustand eines Staates“ erhebt.[94] Wir brauchen uns also nicht „abgespeist“ fühlen, wenn Hegel ihn uns nur im Umriss zeigt.  Der Schluss, mit dem Hegel aufwartet, ist also nicht „eigenartig“ oder gar „unhaltbar“, sondern, wie M. Pawlik[95] urteilt, „systematisch vollkommen konsequent“. Richtig ist aber: Wo Kant etwas Handfestes parat hat – und trotzdem keine Lösung -, ist bei Hegel einerseits noch alles offen und andererseits doch schon der Weg gewiesen. Die „Weltgeschichte“ als Teil des Begriffs „Staat“ ist Beleg dafür. Und die Geschichte ruht nicht. Schritt für Schritt bereitet sie dem Weltstaat den Boden, so wie sie den Nationalstaaten den Boden entzieht – was nicht heißt, dass die  ethnischen, sprachlichen, kulturellen u.a. Besonderheiten verschwinden.[96]

 

Damals noch „allgemeine Idee“[97], ist der Weltstaat heute längst das dringende, ja überfällige Erfordernis der Zeit. Hier, auf Weltebene, entfaltet der „Vernunftstaat“ sein Potential. Hier interessiert die Weltgeschichte nur als Resultat und als die Wahrheit aller Geschichte, als „geistige Wirklichkeit“[98]. Hier stehen nicht die Belange einzelner Völker, Nationen oder Rassen im Vordergrund, sondern die „Gattung“[99]. Hier geht es um das universell gewordene „Gemeinwesen“, in welchem wahr wird, was E. Gans schon 1833 zum Ausdruck bringt: „[W]as die vergangenen Jahrhunderte trennten, muss sich jetzt wieder zusammentun und organisch auszubilden suchen.“[100]

 

Der Weltstaat als Korrektor der weltbürgerlichen Gesellschaft. Ein Weltstaat und viele Nationalstaaten, die sich um „dessen Thron“[101] scharen. Ein Weltbundesstaat anstatt des Weltstaatenbundes. Eine kühne, bis heute eher missverstandene Vision, ausgesprochen zu einer Zeit, als der Nationalstaat der letzte „Schrei“ der Geschichte ist. Dem Weltstaat ist zu leisten auferlegt, was die „Völkergeister“ nicht zu leisten vermögen. Diese bleiben. Aber sie sind jetzt an ihren richtigen Platz gestellt. Wohin es führt, wollte man sie ignorieren, deutet Hegel an mehreren Stellen an. „Das Volk als Staat“ bleibt. Jeder „Völkerstaat“ bleibt „gegen die andern in souveräner Selbständigkeit.“[102] Aber die Bedeutung hat sich umgekehrt. Die Vermittlung der beiden Naturen, die Ausbalancierung ihrer Interessen, wird zur Aufgabe des Weltstaates. Ihn zu installieren und handlungsfähig zu machen ist das Gebot unserer Zeit. Mit ihm wäre die Führungslosigkeit des Gemeinwesens auf jener Ebene beendet, wo der Staat als adäquates Gegengewicht der weltbürgerlichen Gesellschaft auftreten kann.

Die Nationalgeschichte des Staates weicht seiner Weltgeschichte. Die „besondere und beschränkte“[103] sittliche Substanz des Nationalstaates weicht der des Weltvernunftstaates. Dort erhebt sich das Zufällige zur „Wesentlichkeit“.[104]  Der beschränkte Geist geht „in die allgemeine Weltgeschichte über, deren Begebenheiten die Dialektik der besondern Völkergeister, das Weltgericht, darstellen.“[105] Der Nationalstaat geht nicht verloren. Er wird jedoch gegenüber dem Weltvernunftstaat ein „Untergeordnetes“.

Wonnitz, im März 2023

 

 



[1] Diese Abhandlung versteht sich als Teil II zu:  „Der ‚halbierte‘ Begriff. Zur Hegelkritik L. Feuerbachs.“

[2] Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, in: L. Feuerbach, Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, hrsg. von  W. Harich, Berlin 1955,  S. 21,  53.

[3] Ebd., S. 53.

[4] Vorläufige Thesen zur Reform der Philosophie, in: L. Feuerbach, Zur Kritik…, S. 72 – Hervorhebung bei F.

[5] F. Engels, Die Lage Englands, MEW 1, S. 567.

[6] W. Schuffenhauer, Feuerbach und der junge Marx. Zur Entstehungsgeschichte der marxistischen Weltanschauung, Berlin 1965, S. 50 u. 55.

[7] W. Harich, Vorwort zu: L. Feuerbach, Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, Berlin 1955, S. 9.

[8] Schuffenhauer, S. 56.

[9] MEW 1, S. 378 ff. („Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“).

[10] MEW 1, S. 605.

[11] MEW 3, S. 62.

[12] MEW 21, S. 273..

[13] MEW 21, S. 272 (Engels, L. Feuerbach).

[14] Vgl. Hegel, § 142 E.

[15] MEW 1, S. 294. Hundert Jahre später greift G. Lukacs das Thema auf und verteidigt die „übergreifende“ gegen die Hegelsche Art der „Vermittlung“. Vermittlung muss sein. Sie sei unverzichtbares Instrument „ontologischer Selbstkorrektur“. Aber als in die „Wechselwirkung“ eingebettete Vermittlung unterliegt sie dem Gesetz von der „Einheit und den Kampf der Gegensätze“, ist insoweit die Wechselwirkung ungleicher Kräfte und Größen. ( Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins. Hegels  falsche und echte Ontologie, Neuwied u. Berlin 1971, S.103.).

[16] MEW 1, S. 214. Siehe dazu auch Hegel, § 150 E und L(W), S.191 ff.

[17] Zugleich eine Interpretation des Themas „Herr und Knecht“, das Hegel in der „Phänomenologie“ anspricht.

[18] MEW 1, S. 295.

[19] MEW 1, S. 295.

[20] MEW 1,  S. 300 u. 282.

[21]  MEW 2, S. 103.

[22] MEW 1, S. 301.

[23] MEW 1, S. 292.

[24] § 156/Z E.

[25] GR, S. 312f.

[26] Siehe dazu: Hegel und England – hier, auf dieser Plattform.

[27] MEW 1, S. 295.

[28] In seiner „Genossenschaftslehre“, siehe dazu den Beitrag „Der Zerfall der Wirtschaftsfamilie in Kleinfamilie und Unternehmung in der Wahrnehmung O. v. Gierkes und K. Marx“ – auf dieser Plattform.

[29]  Siehe dazu ausführlich: B. Rettig, Hegels sittlicher Staat, S.299 ff..

[30] Dazu näher, B. Rettig, Staat, Recht, Ökologie, besonders S. 151 ff.

[31] Er und seine „historische Schule“ begründen das jetzt gebrauchte bürgerliche Recht mit dem antiken Rom, d.h. mit einer Gesellschaft und dessen Recht, die in einigen Punkten die bürgerliche Gesellschaft vorwegzunehmen scheinen.

[32] nachfolgend abgekürzt:  ÖPM (MEW Ergänzungsband. 1. Teil, S. 465-588.).

[33] In dem von R.O. Gropp u.a. herausgegebenen Sammelband Ernst Blochs Revision des Marxismus. Kritische Auseinandersetzungen marxistischer Wissenschaftler mit der Blochschen Philosophie (Berlin 1957).

[34] H. Engelmann, Produktivkräfte und Natur – Kritik der Technikkonzeption von Ernst Bloch, in: Blochs Revision des Marxismus, S. 174.

[35] ÖPM, a.a.O., S. 516 – Hervorhebungen bei Marx.

[36] Ebd., S. 517.

[37] W. Röd, Der Weg der Philosophie Bd. II, 17. bis 20. Jahrhundert, 2. Auflage, München 2009, S. 303.

[38] MEW 23, S. 193f.

[39] Siehe dazu: A. Schmidt, Kritik der Mitproduktion der Natur, in: Materialien zu Ernst Blochs „Prinzip Hoffnung, hrsg. und eingel. Von Burghart Schmidt, Frankfurt/M. 1978, S. 325-335.

[40] GR, S. 239.

[41] § 52/A R.

[42] Der Begriff der Natur in der Lehre von Marx, Frankfurt/M. 1960. Wie das dortige Literaturverzeichnis ausweist, lag die in FN 33 genannte Sammelband dem Autor vor, wenn sie auch in der Arbeit selbst weder im negativen oder positiven Sinne erwähnt wird.

[43] A. Schmidt, Kritik der Mitproduktion der Natur, a.a.O., S. 326.

[44] A. Schmidt, Der Begriff der Natur in der Lehre von Marx, Frankfurt/M., 1960, S. 66.

[45] W. Harich, Vorwort zu: L. Feuerbach, Zur Kritik der Hegelschen Philosophie, Berlin 1955, S. 9.

[46] MEW 21, S. 268.

[47] GR, S. 30.

[48] K. Polak, Zur Dialektik in der Staatslehre, (3. Aufl.), Berlin 1963.

[49] Näheres dazu im Beitrag „Babelsberg. Die Staats- und Rechtswissenschaft der DDR nach 1958“ - auf dieser Plattform.

[50] Hegel, MM 1, S.

[51] MEW 8, S. 116.

[52] MEW 8, S. 196.

[53] MEW 8, S. 198f.

[54] MEW 8, S. 199.

[55] MEW 8, S. 204.

[56] Zitiert von Marx (MEW 8, S. 196).

[57] Das hat bereits Hegel erkannt. Der „Not- und Verstandesstaat“ der bürgerlichen Gesellschaft darf nicht bloßer „Rechtsstaat“ sein. In § 188 R stellt er klar, dass notwendig dazu gehört: „Die Vorsorge gegen die [im bloßen Rechtsstaat] zurückbleibende Zufälligkeit und die Besorgung des besonderen Interesses als eines Gemeinsamen, durch die Polizei und Korporation.

[58] Und weil die deutsche Weise, dies zu tun, der französischen ähnelt, wird E. Engels sich Jahre  später veranlasst sehen, auch das deutsche Kaiserreich unter „Bonapartismus“ einzureihen.

[59] MEW 21, S.269.

[60] 1848 hält Marx in Brüssel die „Rede über die Frage des Freihandels“ (MEW 4, S. 444 ff.), in der er in diesem Sinne für den Freihandel plädiert. Siehe dazu auch F. Engels, Schutzzoll und Freihandel,, MEW 21, S. 360 ff.

[61] ZK der KPdSU: Geschichte der kommunistischen Partei der Sowjetunion (16. Aufl.), Berlin 1953, S. 426.

[62] W. Reich, Die Massenpsychologie des Faschismus, Wiesbaden 2005, S. 219 (Hervorhebung bei Reich).

[63] A.J. Wyschinski, Zur Lage an der theoretischen Rechtsfront, in: N. Reich (Hrsg.), Marxistische und sozialistische Rechtstheorie, Frankfurt/M. 1972, S. 113-117(114).

[64] Man mag nachlesen, was Trotzki  (Die verratene Revolution, Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie? 2. Aufl., Essen 1997) dazu 1936 schrieb.

[65] Lenin, Neue Zeiten, alte Fehler in neuer Gestalt, Werke 33, S. 4 u. Über die Bedingungen für die Aufnahme neuer Parteimitglieder, Werke 33, S. 243.

[66] Ein Versuch dieser Art war die sogenannte „Staatsableitungsdiskussion“, die unter linken Kreisen in der BRD der 70-er Jahre geführt wurde, aber alsbald ergebnislos versandete.

[67] Beginnend mit seiner Schrift „Über die Grundlagen des Leninismus“ aus Mai 1924, in der erstmals die These vom „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ formuliert ist.

[68] MEW 23, S. 353.

[69] Von der Autorität, AS I, S. 599 ff.

[70] MEW 4, S. 151.

[71] A.a.O., S. 146 (s. FN  63).

[72] MEW 4, S. 150.

[73] Siehe dazu der Beitrag zum „Not- und Verstandesstaat“ auf dieser Plattform.

[74] MEW 1, S. 319.

[75] Die wenigen Rezensionen seiner „Rechtsphilosophie“, z.B. jene von Herbart und Zollmann (abgedruckt bei M .Riedel [Hrsg.], Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie Bd.1, S. 81-99 u. S. 100-145), zeigen deutlich genug, wie fremdartig Hegels Standpunkt in einer Zeit anmutet, die ganz im Zeichen der „produzierten“ Natur steht.

[76] § 341 R.

[77] W. Pauly, Hegel und die Frage nach dem Staat, Der Staat 39 (2002), S. 393.

[78] § 278/A R. – Hervorhebungen bei H.

[79] § 548 E.

[80] § 278/A R.

[81] § 346 R.

[82] § 340 R.

[83] § 340 R.

[84] Vgl. § 549 E.

[85] § 33 R.

[86] § 341 R.

[87] § 259/Z R.

[88] Vgl. ebd.

[89] § 45/A R.

[90] Ebd. Siehe auch B. Bourgeois (Der Begriff des Staates, in: L. Siep [Hrsg.], G.W.F. Hegel. Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 228): „Für Hegel ist das unwiderstehlichste Staatsrecht das Recht des Weltgeistes“.

[91] Theodor Litt, Hegel. Versuch einer kritischen Erneuerung, Heidelberg 1953, S. 122.

[92] § 258/Z R.

[93] § 349 R.

[94] § 349 R.

[95] M. Pawlik, Hegel und die Vernünftigkeit des Wirklichen, Der Staat 41 (2002), S. 185.

[96] Versuche, sie auszumerzen oder zu ignorieren, das hat die Geschichte oft genug gezeigt, führen zu  Fehlentwicklungen, die Auslöser von  Kriegen und Bürgerkriegen sein können. Sie müssen also weiterhin respektiert werden.

[97] § 259 R.

[98] § 341 R.

[99] § 259 R.

[100] E. Gans, Vorrede zur 1833 von ihm herausgebrachten 2. Auflage der „Rechtsphilosophie“, enthalten in der Edition Ilting Bd. I, S. 593.

[101] § 352 R.

[102] § 331; vgl. auch § 322/A R.

[103] Vgl. § 552 E. Er verweist auf „das Moment geographischer und klimatischer Bestimmtheit“ = die „Naturseite“ (§ 548 E).

[104] Ebd. (§ 552 E).

[105] § 548 E.

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